Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kritisiert das Provisionssystem und will mehr Transparenz

Berlin/Hamburg. Die Grünen im Bundestag drängen auf eine klare Regulierung und mehr Transparenz bei der Finanzberatung. "Anleger und Bankkunden sind seit der Finanzkrise verunsichert und fürchten wieder Falschberatungen und Vermögensverluste", sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, dem Hamburger Abendblatt. "Die Bundesregierung muss endlich klare Regeln für eine verbraucherfreundliche Anlageberatung festlegen."

In einem Positionspapier, das dem Abendblatt vorliegt, kritisieren die Grünen die provisionsorientierte Beratung, die den Verkaufsdruck erhöhen und Kunden über die "tatsächlichen Kosten des Finanzproduktes im Unklaren" lassen würde. Anleger würden einer Studie des Verbraucherschutzministeriums zufolge jährlich mindestens 20 bis 30 Milliarden Euro durch falsche Beratung verlieren. Anders als in anderen europäischen Ländern fehle hier die Transparenz. In den Niederlanden etwa müssten alle Provisionen offengelegt werden.

Um das zu erreichen, fordern die Grünen von der Bundesregierung klare Regelungen im Sinne der Verbraucher. Dafür soll es unter anderem eine gesetzliche Informationspflicht für Kreditinstitute und eine Begrenzung der Provisionen und anderer Zahlungen an den Verkäufer auf fünf Prozent der Anlagesumme geben. Eine Regulierung des Vermittlerberufs mit Register, Haftpflicht und Mindestqualifikation, wie sie die schwarz-gelbe Bundesregierung plane, reicht nach Ansicht der Grünen nicht aus, um die Provisionspraktiken neu auszurichten.

Auch Beratungskosten würden oft hinter undurchschaubaren Konstruktionen versteckt. Anlageberatung bei einem Honorarberater könne 100 bis 300, bei einer Bank aber 500 Euro kosten. "Die Kunden müssen endlich sehen, welche Interessen ihr Anlageberater verfolgt: ihre oder seine eigenen. Unser Ziel ist deshalb der Ausbau von unabhängiger Finanzberatung auf Honorarbasis", sagte Künast. Nach einer Umfrage von TNS Sofres ist jeder zweite Befragte bereit, ein Honorar für die Beratung zu zahlen, heißt es in dem Positionspapier.

Künast fügte hinzu: "Für die sogenannte Provisionsberatung braucht es jetzt endlich eine an den Verbraucherinteressen orientierte Regulierung: Provisionen müssen transparent und angemessen sein, und Informationen über die konkreten Konditionen des Produktes müssen eine Bringschuld des Anbieters werden." In ihrem Positionspapier sprechen sich die Grünen auch für eine gesetzliche Definition des Finanzberater aus, damit eine unabhängige und unbeeinflussbare Berater-Kunde-Beziehung möglich sei.

Den Verbraucherschutz für Anleger kritisierte Künast unter Schwarz-Gelb als ein "noch immer tiefes schwarzes Loch". Für sie ist klar: "Fast zwei Jahre nach Beginn der Bankenkrise muss endlich für alle Kunden gelten: Wissen, was drin ist im Finanzprodukt, und wissen, was und woran mein Finanzberater verdient."