Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, über die DIW-Studie zur Einkommensentwicklung.

Hamburg. Abendblatt: Was sagen Sie grundsätzlich zu den vorab veröffentlichten Ergebnissen der DIW-Studie zur Einkommensentwicklung in Deutschland?

Schneider: Was sich in dieser Studie an Auseinanderdriften abbildet, ist das Ergebnis der Politik, die in den letzten zehn Jahren in Deutschland betrieben wurde. Durch die Hartz-Gesetze wurde die Ausbreitung des Niedriglohnsektors begünstigt, in dem heute rund 22% aller Beschäftigten tätig sind. Die neu entstandenen Arbeitsplätze der letzten Jahre wurden zu einem Viertel im Bereich schlecht bezahlter Jobs geschaffen. Das sind kleine Selbstständige, die kaum über die Runden kommen und geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer. Wenn man das alles zusammen nimmt, braucht man sich über die Ergebnisse dieser Studie nicht zu wundern.

+++ Link zur DIW-Studie +++

Was waren Ihrer Meinung nach weiterer Fehler, die zu diesem „Auseinanderdriften“ geführt haben?

Im gleichen Zeitraum, in dem die Hartz-Gesetze zu Lasten der Schwächeren geschaffen wurden, wurde der Spitzensteuersatz von noch 53% 1998 auf jetzt 42% runter gefahren. Die Entwicklung, die sich nun in den Einkommen abzeichnet, ist die natürliche und logische Konsequenz dieser Politik. Es ist nun jedoch nicht an der Zeit, sich parteipolitisch den schwarzen Peter zuzuschieben, wichtig ist, diese Entwicklung zu stoppen und umzukehren.

Was bedeutet das nun beschlossene Sparpaket der Schwarz-Gelben Regierung vor dem Hintergrund der DIW-Studie?

Dieses Sparpaket wird die Entwicklung, die Schere zwischen Arm und Reich, noch vergrößern. Vor allem die Arbeitslosen, werden belastet, besonders arbeitslose Eltern, alleinerziehende Mütter. Gleichzeitig wird eine Haushalts-Konsolidierung betrieben, die die oberen Einkommensschichten, Erben, Vermögende und Spitzenverdiener, völlig unbehelligt davon kommen lässt. Da hätte man zumindest ein kleines Opfer verlangen können. Sollte das Sparpaket so umgesetzt werden, wird es das soziale Auseinanderdriften unserer Gesellschaft noch verschärfen.

Was fordern Sie konkret von der Regierung?

Wir fordern von der schwarz-gelben Regierung, dass sämtliche Kürzungen bei Hartz-4-Beziehern, beispielsweise die Streichung des Elterngeldes, zurückgenommen werden. Stattdessen muss die Regierung die starken Schultern in diesem Land stärker in die Verantwortung nehmen, dass sind Vermögende, Erben und Spitzenverdiener.