FDP fordert Merkel zu Machtwort gegen Steuererhöhungen auf. Das Abendblatt sagt, wo Einschnitte drohen

Berlin. Am Sonntag um 14 Uhr geht es los: Dann zieht sich das Bundeskabinett zu seiner mit Spannung erwarteten Sparklausur im Kanzleramt zurück. Beschlossen werden sollen Eckpunkte für den Haushalt 2011 und den Finanzplan bis 2014. Dafür gilt die Vorgabe, dass bis 2016 das Defizit im Bundesetat jedes Jahr um rund zehn Milliarden Euro sinken muss, um die im Grundgesetz verankerte neue Schuldenbremse nicht zu verletzen. Die Verhandlungen dürften bis in die Nacht hinein dauern und werden am darauffolgenden Tag fortgesetzt.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner verlangte kurz vor der Klausur von Merkel, die in ihren eigenen Reihen aufgekommene Debatte über Steuererhöhungen zu unterbinden. "Die FDP wird Steuererhöhungen bei der Einkommenssteuer wie auch bei der Mehrwertsteuer nicht mitmachen", sagte Lindner der "Bild"-Zeitung. Die Kanzlerin müsse "endlich diese Debatte beenden". Merkel hat bislang lediglich Rentenkürzungen ausgeschlossen.

Im Gespräch waren bislang eine höhere Tabaksteuer, eine Brennelementesteuer für Energiekonzerne bei längeren Atomlaufzeiten sowie eine Flugticket-Abgabe. Auch Top-Verdiener könnten stärker belastet werden, um andere Einschnitte besser verkaufen zu können. Für den Plan, die reduzierten Mehrwertsteuersätze auf den Prüfstand zu stellen, gibt es aber auch in der FDP Sympathien. Es wird aber nicht angenommen, dass schon jetzt Ausnahmen gestrichen werden. Das hätte zur Folge, dass sofort einige Produkte und Dienstleistungen teurer werden.

Ausgenommen vom Sparzwang soll der Bildungs- und Forschungsetat von Ministerin Annette Schavan (CDU) sein. Doch gegen diese Ansage der Kanzlerin gab es zuletzt auch aus den eigenen Reihen Kritik. Der SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs prophezeit bereits: "Der große Wurf wird ausbleiben. Ich rechne mit viel Klein-Klein und ein paar öffentlichkeitswirksamen Sparankündigungen, die aber strukturell nichts ändern."

Folgende Sparvorhaben stehen zur Debatte:

Subventionen: Insgesamt stehen 61 direkte Finanzhilfen und 102 Steuervergünstigungen auf dem Prüfstand. Diskutiert werden auch eine Abschaffung der Steuerbefreiung für Flugbenzin, die bisherige Förderung börsennotierter Immobilien AGs, die Pendlerpauschale, Nacht- und Sonntagszuschläge oder die vielen Ausnahmen für die Wirtschaft bei der Energiebesteuerung.

Arbeit/Soziales: Zuletzt war von Einsparungen von sieben Milliarden Euro die Rede. Diskutiert werden Kürzungen bei Eingliederungshilfen für Langzeitarbeitslose, bei Weiterbildungs-Maßnahmen und eine Hartz-IV-Mietpauschale. Auch das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger könnte wegfallen.

Verteidigung: Minister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat eine drastische Reduzierung der Bundeswehr und ein Aussetzen der Wehrpflicht ins Spiel gebracht. Ein vollständiger Verzicht auf Wehrdienstleistende würde pro Jahr zu Einsparungen von fast 900 Millionen Euro führen. Doch nach dem Veto der Kanzlerin scheint das Thema bereits wieder vom Tisch zu sein. Einschnitte seien deshalb eher bei teuren Rüstungsprojekten zu erwarten.

Familie: Einschnitte zeichnen sich beim Elterngeld ab. An der Struktur als Lohnersatzleistung und am monatlichen Höchstbetrag von 1800 Euro soll aber wohl nicht gerüttelt werden.

Agrar: Bauern müssen sich bei den vielen Subventionen auf Kürzungen einstellen. Ganz oben auf der Liste steht die "Kuhprämie" für Milchbauern.

Wirtschaft: Hier könnten Steinkohlesubventionen rascher zurückgeführt und Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur gekürzt werden. Diese Mittel (472 Millionen) fließen vor allem in die neuen Länder und nach Berlin, die Steinkohlesubventionen (1,5 Milliarden Euro) vor allem nach Nordrhein-Westfalen.

Verkehr/Bau: Die Wohnungsbauprämie wackelt. Großprojekte wie der Wiederaufbau des Berliner Schlosses könnten sich verzögern. Außerdem prüft das Ministerium die Einführung einer Lkw-Maut auf vierspurigen Bundesstraßen. Die Lkw-Maut auf Autobahnen brachte 2009 Einnahmen in Höhe von 4,41 Milliarden Euro ein.