Mangelnde Akzeptanz von Militäreinsätzen im eigenen Land hat Auswirkungen auf die Entwicklung von psychischen Erkrankungen bei Bundeswehrsoldaten

Halle. Die Zahl der traumatisierten Bundeswehrsoldaten nimmt angesichts der zugespitzten Lage in Nordafghanistan weiter zu. "Wir hatten 145 im Jahr 2007, in 2008 waren es 245 und 2009 dann 466 Fälle mit posttraumatischen Belastungsstörungen", sagte Oberstarzt Peter Zimmermann, leitender Psychiater am Bundeswehrkrankenhaus in Berlin, der "Mitteldeutschen Zeitung".

Es sei zu vermuten, dass sich diese Entwicklung wegen der zunehmenden Kampfhandlungen weiter verschärfen werde. "Das erhöht wahrscheinlich auch die Traumazahlen. Wenn jemand sieht, wie ein Kamerad stirbt, wirkt sich das sicher schwerer aus, als wenn er sieht, dass ein Kamerad ,nur' verletzt wird. Mit Todesfällen ist ein erhöhter Traumadruck verbunden", erklärte Zimmermann.

Seit dem Vietnam-Krieg sei überdies bekannt, dass die mangelnde Akzeptanz von Militäreinsätzen im eigenen Land Auswirkungen auf die Entwicklung von psychischen Erkrankungen habe. "Ich höre immer wieder von Soldaten, die sagen: Wir kommen hier nach Hause, und keiner interessiert sich für uns", sagte Zimmermann.

Der Bundeswehrpsychiater mahnte deshalb: "Je mehr eine Gesellschaft hinter ihren Soldaten steht, desto besser wird es ihnen gehen - auch psychisch. Viele junge Leute gehen aus Idealismus dort runter und wollen etwas für ihr Land tun. Das sollte man wertschätzen - egal, ob dieser Krieg richtig ist oder nicht."

Mit dem sperrigen Begriff Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) wird die verzögerte Reaktion auf traumatisierende Ereignisse verstanden - beispielsweise im Krieg. Im Ersten Weltkrieg wurden die Betroffenen anschaulich "Kriegszitterer" genannt. Im Englischen gibt es den Begriff des "speechless terror", des sprachlosen Schreckens, weil die Erkrankten oft nicht in der Lage sind, darüber zu reden.

Symptome für PTBS sind unter anderem Teilamnesie, Depressionen, Persönlichkeitsveränderungen, Bindungsstörungen, Suizidversuche, Aggressivität und selbstverletzendes Verhalten.