Wissenschaftler empfehlen die Herkunftssprachen von Migrantenkindern als Schulfach

Berlin. Migrationssprachen sollten genauso wie Englisch oder Französisch in der Gesellschaft anerkannt und als Schulfächer eingeführt werden. Deshalb appellierten Politiker, Wissenschaftler und Interessenvertreter an die Verantwortlichen im Bildungswesen, die Herkunftssprachen als Teil des Fremdsprachenunterrichts anzubieten. "Mehrsprachigkeit stellt eine wichtige Ressource in unserer globalisierten Gesellschaft dar", sagte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde Deutschland, Kenan Kolat, gestern in Berlin.

Die Vorsitzende des Zentrums Sprachenvielfalt und Mehrsprachigkeit der Universität Köln, Claudia Riehl, sagte, das Potenzial, das in der "natürlichen Mehrsprachigkeit" stecke, dürfe nicht verschleudert werden. Sie fördere die Kreativität und interkulturelle Kompetenz der Kinder. Als Erwachsene könnten sie eine Brückenfunktion einnehmen. Auch der wirtschaftliche Vorteil liege auf der Hand: Firmen wollten mehrsprachiges Personal, sagte Riehl. Migrationskinder, die frühzeitig lernten, ihre Muttersprache richtig zu beherrschen, lernten zudem auch Deutsch und weitere Fremdsprachen leichter.

Auch Kinder ohne Migrationshintergrund sollten die Sprachen der Minderheiten lernen. Ein deutsches Kind könne dann die erlernte Fremdsprache bei Gleichaltrigen anwenden. Das schaffe interkulturelle Kompetenz sowie Toleranz. "Der Bedarf ist ganz sicher da und höher als das bestehende Angebot", sagte Riehl.

Bereits im Dezember 2007 haben Migranten-Organisationen mit der Kultusministerkonferenz eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet. Die Kultusminister verpflichteten sich darin, sich dafür einzusetzen, "interkulturelles Lernen stärker im Unterricht und im außerunterrichtlichen Bereich zu verankern". Die Unterzeichner verpflichteten sich, nach zwei Jahren eine Einschätzung vorzunehmen, ob dies umgesetzt worden sei. Dies sei bisher nicht geschehen, kritisierte Kolat.