Die Kassen schätzen den Schaden auf 1,5 Milliarden Euro, Krankenhäuser beklagen die Bürokratie

Hamburg. Nach den handfesten Betrügereien in Praxen und Apotheken rücken auch die Krankenhäuser ins Visier der Abrechnungsprüfer. "Drei von fünf Rechnungen sind fehlerhaft", sagte Günter Ploß vom Verband der Ersatzkassen (VDEK) dem Abendblatt. "Prüfungen von Abrechnungen der Krankenhäuser sind notwendig, um Schaden von den Versicherten abzuwenden." Der Gesamtverband aller gesetzlichen Kassen schätzt den jährlichen Schaden auf 1,5 Milliarden Euro. Als Konsequenz aus den Unregelmäßigkeiten bei Abrechnungen fordern Experten, dass die Kassen mit noch mehr Personal genauer hinsehen.

Doch darin liegt auch ein Risiko. Fordert eine Kasse von einer Klinik eine Abrechnung und stellt sich heraus, dass sie korrekt war, werden 300 Euro Gebühren fällig. In vielen Fällen rechtfertigt eine kleine Nachforderung den bürokratischen Aufwand nicht. Bei falsch abgerechneten Operationen können jedoch mitunter Zehntausende Euro zurückgeholt werden. "Wir müssen genau hinschauen, damit wir nur die falschen herauspicken", sagte die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, der "Rheinpfalz". Sie forderte deshalb eine Strafzahlung für Krankenhäuser bei nachgewiesenen Falschabrechnungen. Bislang müssen die Kliniken lediglich den zu viel erhaltenen Betrag zurückzahlen.

In Hamburg haben sich die Krankenkassen im Jahr 2009 insgesamt 30 Millionen Euro von den Krankenhäusern zurückgeholt, schätzt der VDEK. "Gelder, die sonst für die medizinische Versorgung der Versicherten gefehlt hätten", so Ploß. Das scheint bei einem Hamburger Gesamtvolumen von 1,4 Milliarden an Rechnungen wenig (2,1 Prozent). Doch alle Kassen sind in arger Finanznot. Es wird damit gerechnet, dass nach DAK, KKH-Allianz und anderen demnächst auch Allgemeine Ortskrankenkassen einen Zusatzbeitrag von ihren Mitgliedern erheben.

Die Krankenhäuser stöhnen derweil über die Bürokratie, die die Rechnungen erfordern. "Das Problem sind nicht die Prüfungen, sondern die falschen Abrechnungen", sagte VDEK-Landeschef Ploß.