Hamburg. Wie lange dauert das Flugchaos in Deutschland noch? Welche Rechte haben die Reisenden? Wie gehen die Veranstalter mit dem Chaos um? Im Abendblatt beantworten Luftfahrtexperten, Fluggesellschaften und Reiseveranstalter die wichtigsten Fragen rund um die gestrichenen Flüge.

Bekommen Reisende Flüge, die sie nicht antreten konnten, erstattet?

"Die Flüge können kostenlos storniert oder umgebucht werden", sagen Romana Voet, Sprecherin von Europas größtem Reiseveranstalter TUI, und Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber. Die EU hat die Fluggesellschaften sogar dazu verpflichtet, bei Annullierungen den kompletten Flugpreis zu erstatten. Dies gilt auch im Fall von höherer Gewalt.

Wer trägt die Hotelkosten, wenn der Rückflug nicht angetreten werden kann?

Im Fall von höherer Gewalt sind Fluggesellschaften und Reiseveranstalter nicht dazu verpflichtet, die zusätzlichen Übernachtungen ihrer Gäste zu bezahlen. Einige tun dies aber. So auch die TUI, die bis einschließlich gestern Nacht die Zimmerkosten für die betroffenen Kunden übernahm. Ob weitere Verlängerungen folgen, muss noch entschieden werden. Auch die Lufthansa organisierte in Frankfurt für Transitreisende Hotelzimmer und Verpflegung. Viele Reisende mussten die vergangenen Nächte aber auch in Flughäfen verbringen.

Gibt es Schadenersatz für eine Nacht auf dem Flughafen?

Nein. Konnten Fluggäste nicht abfliegen und mussten wegen der chaotischen Zustände am Flughafen übernachten, haben sie keinen Anspruch auf Schadenersatz.

Wie organisieren die Pauschalreiseveranstalter die Rückführung ihrer Gäste?

Wenn die Urlauber auf dem europäischen Festland sind, wird versucht, sie mit Bussen zurück nach Deutschland zu fahren. Befinden sie sich auf Inseln, so werden sie, wenn möglich aufs europäische Festland geflogen und von dort aus in einen Bus gesetzt. Oder sie werden mit Fähren zum Festland transportiert. Auf diese Weise hat die TUI bis gestern Mittag rund 1000 Urlauber nach Hause gebracht.

Wer trägt die Flugkosten bei privat geplanten Reisen?

Auch hier kann laut dem Luftfahrtexperten Cord Schellenberg die Reise umgebucht oder storniert werden.

Wer trägt die Hotelkosten bei privaten Reisen, die man nicht antreten konnte?

Keiner, denn es zählt die Regel der höheren Gewalt.

Was kann man tun, wenn man auf einer Insel festsitzt und das Hotel oder der Vermieter die Chance nutzt und die Zimmerpreise erhöht?

Cord Schellenberg rät Betroffenen mit Hotels oder Vermietern hart zu verhandeln. "Schließlich kommen ja auch keine neuen Gäste an. Damit hat der Kunde ein gutes Argument."

Inwieweit können Geschäftsreisende die Airlines wegen entgangener Termine regresspflichtig machen?

"Schadenersatz, etwa wegen entgangener Geschäfte, gibt es nicht", sagt Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber. Auch hier gilt: Nur der Flug kann storniert oder umgebucht werden.

Kann man als Pauschalurlauber die Reise sofort nachholen?

In der Regel nein. Wer etwa am Sonntag in den Urlaub starten wollte, wird im Fall der Aufhebung des Flugverbots heute wohl kaum einen Platz in einer Urlaubermaschine erhalten. Denn als Erstes werden jene Kunden berücksichtigt, deren Reise genau an diesem Tag beginnen sollte. Die Reiseveranstalter bieten ihren Kunden Alternativziele zum Beispiel in Deutschland und Österreich an, die mit dem Auto oder per Bahn erreicht werden können. Tausende zusätzliche Betten wurden deshalb bereits von den Veranstaltern in den entsprechenden Ferienregionen gebucht.

Muss man vorher bestellte Mietwagen bezahlen?

Theoretisch ja, aber auch hier sollte man verhandeln und auf die Kulanz der Autovermieter setzen.

Riskiert man seinen Arbeitsplatz, wenn man wegen Flugausfalls verspätet in die Firma zurückkehrt?

"Abmahnen kann ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter nur für Dinge, auf die er Einfluss hatte. Doch das ist in diesem Fall nicht gegeben", sagt der Arbeitsrechtler Christian Oberwetter. "Der Mitarbeiter sollte - schon zu seinem eigenen Schutz - seinen Chef möglichst früh informieren und den Kontakt zur Firma halten. Schließlich kann er nicht davon ausgehen, dass es am Arbeitsplatz bekannt ist, dass er irgendwo festsitzt", rät Schellenberg.

Was bedeutet der Flugausfall für die Fluggesellschaften?

Genaue Zahlen sind noch nicht bekannt. Aber der Schaden dürfte hoch werden. "Einige Airlines müssen bestimmt schon öfters mit ihrer Bank telefonieren", so Schellenberg. Den Gesellschaften fehle Liquidität, weil ohne Flüge kein Geld in die Kasse kommt. Die skandinavische Fluggesellschaft SAS stellt von heute an 2500 Beschäftigte in Norwegen ohne Lohn frei.

Wann wird sich der Flugplan wieder normalisieren?

"Nach Aufhebung des Flugverbotes wird es Tage dauern, ehe Normalität einkehrt", sagte Lufthansa-Sprecher Weber. Zwar fliegt die Airline bereits einige Maschinen zum Frankfurter Flughafen, um gerüstet zu sein, aber das reicht bei Weitem nicht aus. Flugzeuge werden nach dem Stillstand nicht dort sein, wo sie eingesetzt werden müssen. Auch Fluggäste werden fehlen, da viele ihre Reise auf die Bahn umgebucht haben. Und viele Gäste, die dann fliegen könnten, haben ihre Reisepläne inzwischen umgeändert.