Termes. Gesprochen hat Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) schon oft von den Risiken des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Noch nie aber hat der Verteidigungsminister die Verantwortung, die er für das Wohlergehen der Soldaten trägt, so unmittelbar gespürt wie in den vergangenen Tagen, an denen es vier Tote und fünf Verletzte zu beklagen gab.

"Wenn man hier ist und die Verantwortung trägt, dann gehört es sich, mit den Verwundeten nach Hause zu fliegen", sagte Guttenberg beim neuerlichen Zwischenstopp in Termes. Die fünf betroffenen Soldaten, ein 46-jähriger Oberstleutnant aus Dresden, ein 35-jähriger Hauptfeldwebel und ein 27-jähriger Oberfeldwebel aus Stetten, ein 44-jähriger Stabsfeldwebel aus Amberg sowie ein 32-jähriger Hauptfeldwebel machten ihm die schwere Aufgabe leichter. Trotz ihrer zum Teil schweren Verletzungen seien sie nicht nur ansprechbar und in einem stabilen Zustand, sagte Guttenberg, sondern sogar schon wieder zu Scherzen aufgelegt. Die größten Sorgen bereiteten Minister, Ärzten und Patienten der Vulkanstaub über Deutschland, der einen pünktlichen Abflug aus Termes verhinderte. Weil die meisten deutschen Flughäfen geschlossen blieben, hob der Sanitäts-Airbus in Richtung Istanbul ab. Dort sollen die Verwundeten versorgt werden, bis der Weiterflug in die Heimat wieder möglich ist.

Bei den zurückbleibenden Soldaten in Masar-i-Scharif sei die Stimmung "getroffen, aber gefasst" gewesen, beschrieb Guttenberg seine Eindrücke. In dem Feldlager haben bereits die Vorbereitungen auf die Trauerfeier für die vier Gefallenen begonnen, die am Sonntag in Anwesenheit des Generalinspekteurs Volker Wieker stattfinden soll. Anschließend will der oberste deutsche Militär die Särge in die Heimat überführen. Ein 33-jähriger Oberstabsarzt aus Ulm, ein 38-jähriger Major aus Weiden, ein 32-jähriger Hauptfeldwebel und ein 24-jähriger Stabsunteroffizier aus Ingolstadt hatten den Angriff der Taliban auf eine Einheit von Afghanischer Nationalarmee ANA, Bundeswehr sowie schwedischen und belgischen Kräften nicht überlebt.

Die genauen Umstände der Gefechte in der Provinz Baghlan wurden nach anfänglich widersprüchlichen Meldungen vom Kampfgeschehen gestern klarer. Die Bundeswehr war dort im Rahmen eines "Operational Mentor and Liaison Team" (OMLT) gemeinsam mit der ANA und den Alliierten unterwegs. Rund 90 deutsche Ausbilder und Schutzkräfte begleiteten etwa tausend afghanische Soldaten. Sie bildeten die einheimischen Sicherheitskräfte während eines laufenden Einsatzes mit dem Codenamen "Taohid II" in Gefechtstaktiken aus. Dieser Großeinsatz zur Verdrängung der Taliban aus der Region war nach einer längeren Unterbrechung am Mittwochmorgen wieder angelaufen. Doch die Aufständischen waren vorbereitet. Am Donnerstag gegen 14.30 Uhr Ortszeit wurde zuerst ein geschütztes Fahrzeug der Bundeswehr vom Typ Eagle IV, das rund 200 Meter vor einer Brücke angehalten hatte, mit einer massiven Sprengfalle angegriffen. Nach Angaben der ANA war die Straße zuvor von Minen geräumt worden - offenbar nicht gründlich genug. Die Detonation war so heftig, dass drei Soldaten sofort tot waren. Dass der Wagen von einer ungelenkten Rakete getroffen wurde, wie man zuerst vermutet hatte, gilt inzwischen als ausgeschlossen. Später wurde dann ein "Yak"-Sanitätsfahrzeug beschossen, das versuchte, Verletzte am Ort der Explosion zu bergen. Dabei wurde der Oberstabsarzt getötet.

Guttenberg war am Dienstag nach Afghanistan aufgebrochen, um einen "ungefilterten Eindruck" von der Lage am Hindukusch zu erhalten. Den hat er nun bekommen, drastischer, als er es sich hätte ausmalen können. "Dieser Einsatz ist gefährlich, und er bleibt gefährlich", sagte der Minister.