Neue Erkenntnisse über tödliche Taliban-Angriffe. Minister fordert mehr Realitätssinn gegenüber dem Einsatz der Bundeswehr. Rückflug mit Verwundeten.

Hamburg. Nach den tödlichen Angriffen der Taliban auf deutsche Soldaten in Nordafghanistan hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zu mehr Offenheit und Realitätssinn im Umgang mit dem Afghanistan-Einsatz aufgerufen. "Der Einsatz in Afghanistan ist gefährlich, er bleibt gefährlich", sagte er am Freitag im usbekischen Termes. "Wir müssen die Realitäten in Afghanistan offen benennen."

Guttenberg machte deutlich, dass der Auftrag der Bundeswehr "mit heruntergeschraubten Zielsetzungen" erfolgt sei. "Wir können gewisse Ziele in Afghanistan nicht erreichen. Wir werden dort keine Westminister-Demokratie herstellen", sagte er.

Am Donnerstag waren vier Bundeswehr-Soldaten getötet und fünf verletzt worden. Am Sonntag soll in dem Lager eine Trauerfeier für die Toten stattfinden, die anschließend begleitet von Generalinspekteur Volker Wieker nach Deutschland übergeführt werden.

Erst am Freitag wurde bekannt, dass die Männer im Alter von 24 bis 38 Jahren bei zwei verschiedenen Anschlägen starben. Drei der Soldaten wurden in der Nähe der nordafghanischen Stadt Baghlan durch die Explosion einer ferngezündeten Sprengfalle getötet und nicht durch einen Raketenangriff, wie es zunächst geheißen hatte. Der vierte Soldat, ein Sanitätsoffizier, kam erst vier Stunden später durch eine Granate ums Leben, als er auf dem Weg zum Schauplatz des ersten Angriffs war.

Begleitet von Minister Guttenberg wurden die Verletzten am Freitagabend nach Istanbul geflogen, weil ein Transport nach Deutschland wegen der Aschewolke nicht möglich war. Auch Guttenberg wollte in der Stadt am Bosporus bleiben. Sobald die Flughafenschließungen aufgehoben werden, ist der Weiterflug nach Deutschland geplant.

Obwohl Umfragen deutlich machen, dass mehr als zwei Drittel der Deutschen einen schnellen Abzug aus Afghanistan fordern, will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Politik nicht ändern. Sie sagte: "Ich weiß, dass viele Menschen Zweifel haben, ob der Einsatz richtig ist. Doch ich will auch sagen, dass ich ganz bewusst hinter diesem Einsatz stehe, damit das Land stabilisiert wird und selbst für seine Verantwortung sorgen kann."