Berlin. Die Bundesregierung sollte nach Ansicht von SPD-Chef Sigmar Gabriel das Bundestagsmandat für den Afghanistan-Einsatz überdenken. Er sagte der "Frankfurter Rundschau", wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Einsatz für einen "Krieg" halte, müsse die Regierung einen neuen Einsatzbeschluss beantragen. "Dann würde mit Sicherheit die Abstimmung anders verlaufen." Gabriel sagte, er könne nur davor warnen, aus "Feigheit" vor der öffentlichen Debatte die Begriffe zu verwischen.

Zuletzt lehnte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) aber ab, das Mandat zu ändern. "Wenn wir jetzt von Krieg mit einem Mandat sprechen würden, dann müssten wir uns wirklich wieder auf die juristischen Feinheiten einlassen", sagte Guttenberg im ZDF. Krieg bedeute, dass zwei Staaten gegeneinander kämpften, "und das haben wir in Afghanistan nicht". Merkel hatte bei der Trauerfeier für die drei nahe Kundus getöteten Bundeswehrsoldaten gesagt, die meisten Soldaten nennten den Einsatz in Afghanistan inzwischen Krieg. Sie fügte hinzu: "Ich verstehe das gut."

Auch Verteidigungsminister zu Guttenberg sprach von Krieg: "Was wir am Karfreitag bei Kundus erleben mussten, das bezeichnen die meisten verständlicherweise als Krieg - ich auch." SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte im Deutschlandfunk:"Es hilft unseren Soldatinnen und Soldaten überhaupt nicht, wenn wir neue Begriffe dafür erfinden, was da stattfindet." Vielmehr sei es nötig zu überprüfen, ob die Soldaten den bestmöglichen Schutz hätten, und diesen gegebenenfalls zu verbessern.

Unterdessen hat das Verteidigungsministerium wegen der unklaren Mandatslage des Bremer Anwalts Karim Popal die Entschädigungsverhandlungen mit Opfern des Luftschlags von Kundus im September abgebrochen. Die Verhandlungen sollen nun vom Auswärtigen Amt und vom Entwicklungsministerium mit den Stammesältesten geführt werden. Das Verteidigungsministerium hatte im Winter Hilfe im Wert von 150 000 Euro für Brennholz, Decken, Kocher und Lebensmittel zur Verfügung gestellt.

In den Verhandlungen ging es um eine zweite Entschädigungswelle, in der Projekte in der Region gefördert werden sollen. Popal sagte: "In Wahrheit will das Ministerium keine Hilfe leisten und keine Entschädigung zahlen."