Bundeswehr soll auf Auslandseinsätze getrimmt werden. Frank-Jürgen Weise, der Chef der Bundesagentur für Arbeit, soll es richten. Unmut in den Fraktionen.

Berlin. Eine Expertenkommission soll die Bundeswehr im Auftrag von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) konsequenter als bisher auf ihre Auslandseinsätze trimmen. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit und Oberst der Reserve, Frank-Jürgen Weise, werde das sechsköpfige Gremium leiten, kündigte Guttenberg gestern in Berlin an. Bisher sei die Bundeswehr nicht optimal für Auslandseinsätze organisiert. Personelle und finanzielle Ressourcen würden nicht geschickt genug genutzt, es gebe Doppelstrukturen. "Ziel ist es nicht, die Bundeswehr neu zu erfinden", sagte der Minister. Vielmehr gehe es darum, die vorhandenen Strukturen effizienter zu gestalten. Die atmeten zum Teil "noch den Geist von vor 20, 25, 30 Jahren", hatte Guttenberg schon am Sonntagabend in der ARD erklärt.

Gestern sagte er, die Zahl der Soldaten, die in den Auslandseinsatz geschickt werden könnten, sei im Vergleich zu anderen Ländern relativ gering. Die Gesamtpersonalstärke der Bundeswehr von 230 000 Angehörigen solle nicht angetastet werden. Zuletzt war die Bundeswehr auf Basis der Empfehlungen der Weizsäcker-Kommission aus dem Jahr 2000 grundlegend reformiert worden. Anschließend wurden die Gesamtzahl der Soldaten sowie der Anteil der Wehrpflichtigen in der Armee stark verringert.

Die von Weise geleitete Kommission, der auch der SPD-Außenpolitiker Hans-Ulrich Klose, der deutsche Stabschef im Nato-Hauptquartier Shape, General Karl-Heinz Lather, Ex-Rechnungshof-Chefin Hedda von Wedel, der frühere Chef der Unternehmensberatung McKinsey in Deutschland, Jürgen Kluge, und DIHK-Chef Hans Heinrich Driftmann angehören, soll ihre Ergebnisse bis Ende des Jahres vorlegen. Aufgabe dieser Experten werde es auch sein, die Beschaffung zu durchforsten, erklärte Guttenberg. Guttenberg kritisierte nicht tragbare Lieferverzögerungen und schwer erklärliche Kostensteigerungen. Er verwies etwa auf den Transport-Hubschrauber NH-90, der 1990 auf den Weg gebracht wurde, aber bis heute nicht zur Verfügung steht. Mit den Kostensteigerungen spielte der Minister auf den Militärtransporter A400M an: Das größte europäische Rüstungsprojekt stand bis vor Kurzem nach einer Kostenexplosion um mehrere Milliarden Euro auf der Kippe.

Guttenberg gab Weise einiges an Vorschusslorbeeren mit auf den Weg. "Wir hätten keinen Besseren finden können", meinte der Minister. Er deutet an, dass es im Ministerium Vorbehalte gegen die Kommission gebe. So habe bereits seine Anfang des Jahres in Auftrag gegebene Defizitanalyse "nicht an jeder Stelle im Hause zu Jubel geführt".

Die Grünen haben die Regierungskommission zur Reform der Bundeswehr gestern umgehend als Stückwerk kritisiert und den Übergang zur Berufsarmee gefordert. "Wir brauchen dringend eine Beendigung der Wehrpflicht, weil sie den Kern des Problems darstellt", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir nach einer Bundesvorstandssitzung seiner Partei in Berlin. Scharfe Kritik kam auch von der SPD. Zwar bekräftigte Generalsekretärin Andrea Nahles, ihre Partei sei gegen die Abschaffung der Wehrpflicht, aber der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold warnte nachdrücklich davor, die personelle Grundstruktur der Truppe festzuschreiben. Er erwarte von der Kommission, dass sie unabhängig genug sei, alles auf den Prüfstand zu stellen, sagt Arnold dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Und zwar "sowohl die Gesamtzahl der Soldaten wie den Grundsatz der Wehrpflicht".

Die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Elke Hoff, forderte Weise in der "Leipziger Volkszeitung" auf, "möglichst rasch auf die Fraktionen des Bundestages zuzukommen, damit wir über Ziele und Aufgaben der Kommission als Parlament unterrichtet werden". Damit bestätigte Hoff indirekt, dass die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP einigermaßen verschnupft darüber sind, dass nur ein einziger Bundestagsabgeordneter in die Kommission berufen wurde und dass es ausgerechnet auch noch ein SPD-Politiker ist. Guttenberg begründete diese Entscheidung gestern übrigens mit dem Satz, allein "die Expertise" der Gremiumsmitglieder habe den Ausschlag gegeben.

Nach seinen Angaben wird die Bundeswehr in diesem Jahr 150 bis 200 weitere gepanzerte Fahrzeuge nach Afghanistan verlegen. Damit solle der Schutz der Soldaten dort besser gewährleistet werden, sagte der CSU-Politiker im ARD-"Morgenmagazin" zu der Kritik, die nach dem tödlichen Gefecht bei Kundus am Karfreitag aufgekommen waren.

Die Forderung des designierten Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus (FDP) nach Einsatz des Leopard 2 lehnte Guttenberg mit der Begründung ab, der Kampfpanzer sei so schwer, dass er schon "an der ersten Brücke nach Kundus einbrechen würde". Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits am Sonntag gemeint, von vielen Seiten sei leider viel Inkompetentes gesagt worden.