Karlsruhe/Berlin. 33 Jahre nach der Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker (57) erhoben. Wie die Behörde mitteilte, geht sie von einer Mittäterschaft Beckers bei der Ermordung Bubacks und seiner beiden Begleiter im Jahr 1977 aus. Die Karlsruher Behörde erhob die Anklage beim Oberlandesgericht Stuttgart.

Die Bundesanwaltschaft bleibt damit bei ihrer Sichtweise, dass Becker am Buback-Mord beteiligt war - trotz einer abweichenden Einschätzung des Bundesgerichtshofs (BGH). Die BGH-Richter hatten im Dezember den Haftbefehl gegen Becker aufgehoben, weil sie lediglich von Beihilfe ausgingen, was eine niedrigere Strafe zur Folge hätte. Becker ist seitdem wieder auf freiem Fuß.

Die Bundesanwaltschaft hatte zuletzt auf Geheimakten des Bundesverfassungsschutzes zu dem Buback-Attentat zurückgreifen können. Die Quellen sind zwar weiterhin nicht offengelegt und die Akten als geheim eingestuft. Aber die Unterlagen stehen "in gerichtsverwertbarer" Form zur Verfügung.

Becker galt schon 1977 als verdächtig, war aber bislang nicht im Mordfall Buback angeklagt worden. Einen Monat nach dem Attentat vom 7. April 1977 wurde sie festgenommen und wegen einer Schießerei bei der Festnahme verurteilt. 1989 war die frühere RAF-Terroristin begnadigt worden und kam nach neun Jahren und zwei Monaten Haft auf Bewährung frei. 1995 wurde ihr auch die Reststrafe erlassen.

Seit April 2008 ermittelte die Bundesanwaltschaft erneut gegen Becker wegen einer möglichen Beteiligung am Buback-Attentat. Als 2009 bei neuen Ermittlungen an den Briefumschlägen von RAF-Bekennerschreiben DNA-Spuren von ihr entdeckt wurden, geriet sie ins Visier. Im August 2009 wurde sie in Berlin verhaftet und kam in Untersuchungshaft. Nach ihrer Freilassung sieht der Bundesgerichtshof keine Fluchtgefahr.

Becker gilt als eine der schillerndsten Figuren der deutschen Terrorszene. Sie verdiente vor ihrer Terrorkarriere ihr Geld als Fabrikarbeiterin in Berlin. Die radikale Feministin schloss sich Anfang der Siebzigerjahre der "Bewegung 2. Juni" an. Die zweitgrößte Terrorvereinigung der Zeit hatte sich nach dem Tod des Studenten Benno Ohnesorg gegründet. Gemeinsam mit Gruppenmitgliedern raubte Becker Banken aus und beteiligte sich an einem Bombenanschlag in einem britischen Yachthafen in Berlin, bei dem ein Mensch ums Leben kam.

1974 wurde sie für ihre Beteiligung an dem Anschlag zu sechs Jahren Jugendstrafe verurteilt. Ein Jahr später presste sie die "Bewegung 2. Juni" frei. In einem Militärlager im Jemen lernte sie den Umgang mit Waffen und schloss sich der Roten Armee Fraktion an, deren Mitglieder sie im Jemen kennenlernte.

Nach ihrer Verhaftung 1977 suchte sie schnell den Kontakt zum Verfassungsschutz. Dabei soll sie RAF-Insiderwissen weitergegeben und erklärt haben, dass bei dem Mord an Buback Günter Sonnenberg das Motorrad fuhr, Christian Klar im Fluchtwagen wartete und Stefan Wisniewski vom Motorradrücksitz aus feuerte.

Bubacks Sohn hatte zuletzt behauptet, Verena Becker sei die Todesschützin gewesen. Er beruft sich auf eine Augenzeugin, die eine zierliche Person auf dem Motorrad gesehen haben will.