Hamburg. Die Deutschen lieben und bewundern ihre Außenminister. Hans-Dietrich Genscher (FDP) und Joschka Fischer (Grüne) standen über Jahre auf Platz eins der Popularitätsliste der Bundespolitiker - vor dem jeweiligen Kanzler. Auch Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat als Chefdiplomat in der Politiker-Rangliste Kanzlerin Angela Merkel (CDU) locker abgehängt. Doch Guido Westerwelle vermag vom Amtsbonus nicht zu profitieren. Im Gegenteil. In der Gunst der Deutschen ist der FDP-Chef abgestürzt wie selten ein Regierungsmitglied vor ihm.

Im Politiker-Ranking des "Sterns" verlor Westerwelle im Vergleich zur Umfrage Ende Dezember acht Punkte. Auf einer Skala von null bis 100 erreicht er nur noch 34 Punkte - und ist damit Schlusslicht in der Rangliste der zwölf wichtigsten Politiker. Der Chef des Umfrage-Instituts Forsa, Manfred Güllner, sagte, er könne sich nicht erinnern, dass je ein deutscher Außenminister so schlecht beurteilt worden ist. Sogar der eher dröge Außenminister Klaus Kinkel (FDP) lag in der Beliebtheitsskala immer im Mittelfeld.

Schließlich ist das Amt des Außenministers der populärste Posten, den die deutsche Politik zu vergeben hat. Die Ferne vom Regierungsalltag und dem Berliner Parteienstreit ermöglicht beste Werte. Anders als ein Minister für Gesundheit, Arbeit oder Finanzen mutet ein Außenamtschef den Bürgern keine schmerzhaften Reformen zu. Stattdessen kann er weltweit auf roten Teppichen an der Seite wichtiger Staatsmänner als "bella figura" reüssieren. Westerwelles diplomatische Leistungen allerdings werden nicht als außenpolitischer Kompetenzzuwachs wahrgenommen, sondern restlos von seiner zweiten Rolle überlagert: der des Parteichefs. Als solcher legt er weiter wie einst als aggressiver Oppositionspolitiker den "Finger in die Wunden des linken Zeitgeistes", fabuliert über "spätrömische Dekadenz" und stellt seine Kritiker unter Sozialismusverdacht.

Auch die anderen FDP-Minister in der Bundesregierung schnitten im "Stern"-RTL-Wahltrend eher mäßig ab. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle kam auf lediglich 36 Punkte (minus eins), Gesundheitsminister Philipp Rösler auf 42 Punkte. Deutlich besser wurde Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg beurteilt. Er liegt zwar mit 57 Punkten weiterhin auf dem zweiten Platz der Liste, verlor aber im Vergleich zu der Umfrage vor drei Monaten fünf Punkte. Damit ist er nach Westerwelle der größte Verlierer. Das größte Vertrauen genießt weiterhin Kanzlerin Merkel, die mit 62 Punkten die Rangliste anführt.

Bedenklich muss die Liberalen auch die Sonntagsfrage stimmen. Danach hat sich das letzte Wahlergebnis der FDP von 14,6 Prozent vier Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen inzwischen mehr als halbiert: Auf gerade sieben Prozent kommen die Liberalen nach dem Wahltrend.

Westerwelle selbst gibt sich davon unbeeindruckt. Sein Ziel sei "nicht Beliebtheit, sondern das Richtige für unser Land zu tun". Das behauptet er jedenfalls eisern. Rückendeckung bekam er gestern von Kinkel. "Wie Westerwelle beurteilt wird, steht in keinem Verhältnis zu dem, was er sowohl als Parteichef als auch als Außenminister für unser Land bisher geleistet hat", sagte Kinkel der "Welt". Das sei "sehr ungerecht und disproportional".

Aus der Debatte um seine Dienstreisen, auf denen er sich von geschätzten Geschäftsleuten begleiten ließ, hat Westerwelle immerhin Konsequenzen gezogen. Gestern ist er mit Entwicklungsminister Dirk Niebel zu einem fünftägigen Besuch nach Afrika geflogen. Mit der Reise wird nach Angaben beider Ressorts das Ziel verfolgt, deutsche Außen- und Entwicklungspolitik künftig "aus einem Guss zu gestalten". Ein Novum. Nie zuvor waren Außen- und Entwicklungsminister - die Rivalität beider Häuser ist Legende - als Duo unterwegs. Die FDP, die das Entwicklungsministerium ursprünglich abschaffen wollte, ist nun angetreten, die Konkurrenz zwischen beiden Häusern zu beenden. Die Stationen der Reise: Tansania, Südafrika und Dschibuti.