Gewerkschaften kritisieren Entwicklung unter Westerwelle. “Die Gefahr, dass die FDP in eine populistische Richtung abdriftet, halte ich für sehr groß.“

Hamburg. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Michael Sommer, hat vor rechtspopulistischen Tendenzen in der FDP gewarnt und die Liberalen mit der österreichischen FPÖ unter dem früheren Vorsitzenden Jörg Haider verglichen.

"Ich sehe mit großer Sorge, dass sich in der FDP von Guido Westerwelle sozialspalterische und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährliche Tendenzen herausbilden", sagte Sommer im Abendblatt-Interview. "Die Gefahr, dass die FDP in eine populistische Richtung abdriftet, halte ich für sehr groß." Er erinnerte daran, dass die FDP unter dem Einfluss des einstigen Vizekanzlers Jürgen Möllemann "schon einmal rechtspopulistische Töne angeschlagen" habe.

Ausdrücklich verwies Sommer auf die Entwicklung in Österreich, wo sich "eine liberale Partei in eine ganz andere Richtung" entwickelt habe, "nämlich die FPÖ". Wenn Westerwelle anfange, den sozialen Ausgleich infrage zu stellen, sei "das Alarmsignal da". Der FDP-Vorsitzende habe "eine Minderheit gegen die andere ausgespielt: Langzeitarbeitslose gegen Geringverdiener, Ärmste gegen Arme", kritisierte der DGB-Chef. "Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte ist das brandgefährlich." Der Vizekanzler habe mit der Art und Weise, wie er die Sozialstaatsdebatte geführt habe, ein politisches Tabu gebrochen, betonte Sommer. "Das macht mich sehr besorgt." Westerwelle hatte mit Blick auf den deutschen Sozialstaat unter anderem von "spätrömischer Dekadenz" gesprochen.

In dem Interview lehnte Sommer auch die Pläne der Bundesregierung zur Ausweitung von Kurzzeit-Jobs ab. Mit dem Vorhaben, befristete Arbeitsverhältnisse zu erleichtern, leiste die Regierung "der Prekarisierung von Arbeit weiter Vorschub". Er glaube nicht, "dass eine Entrechtung von Menschen zusätzliche Arbeitsplätze bringt".

Werde der Kündigungsschutz weiter ausgehöhlt, schaffe die Regierung "noch ganz andere Probleme", warnte der DGB-Vorsitzende. Die Deutschen bekämen auch deswegen so wenige Kinder, weil der soziale Schutz schlechter geworden sei.