Keine Experimente an Rhein und Ruhr, auf diese Botschaft haben sich Kanzlerin Merkel und Ministerpräsident Rüttgers zum Landesparteitag der CDU verständigt. Schwarz-Gelb oder Rot-Rot, eine Richtungswahl - als ließen Programm und Personal der nordrhein-westfälischen Linken die Fähigkeit zum Regieren vermuten; als könnte SPD-Spitzenkandidatin Kraft entgegen allen Beteuerungen ein Linksbündnis schmieden, ohne zu enden wie Andrea Ypsilanti in Hessen.

Keine Experimente, das scheint auch der Leitgedanke der schwarz-gelben Bundesregierung vor der Landtagswahl in NRW zu sein. Bloß niemanden verunsichern mit Überlegungen, was es bedeuten würde, die Steuern wie vereinbart zu senken. Keine Andeutungen, wo gespart werden müsste. Und schon gar nicht den Eindruck erwecken, dass der Koalitionsvertrag ein halbes Jahr nach seiner Unterzeichnung schon Makulatur sein könnte.

Wer den Bürgern die Wahrheit sagt, läuft Gefahr, sie zu verlieren. Wer die Bürger allerdings wie Unmündige behandelt, hat sie schon verloren. Die Wähler haben längst verstanden, dass es dauern wird, bis die Folgen der Finanzmarktkrise überwunden sind. Ihnen ist klar, dass Einschnitte notwendig werden, wenn der Staat seine Handlungsfähigkeit bewahren will. Und dass Vereinbarungen zwischen Koalitionspartnern nicht in Stein gemeißelt sind, wissen sie ohnehin. Es gibt Anzeichen, dass die FDP ihre gleichsam zur Ideologie erhobene Forderung nach massiven Steuersenkungen überdenkt und sich zu einer maßvolleren Finanzpolitik bereitfindet. Die Koalition sollte sich rasch auf ein Konzept verständigen, das Entlastungen und Belastungen benennt. Von der nächsten Steuerschätzung, die mit der Landtagswahl zusammenfällt, werden keine Überraschungen erwartet. Die Bürger haben jetzt Klarheit verdient.

Der Bundespräsident hat lange geschwiegen und seine Enttäuschung über die Bundesregierung erst an diesem Wochenende formuliert. Möglicherweise sieht er es als Experiment an, seine Kritik vor der Wahl in NRW öffentlich zu machen. Köhler mahnt zum Schuldenabbau. Selbst das Wort Steuererhöhung nimmt er in den Mund. Schwarz-Gelb kann sich nun auf ihn berufen.