Berlin/Hamburg. Nach den neuen Prognosen über ein 15-Milliarden-Loch in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im kommenden Jahr haben die Kassen die Regierungskommission aufgefordert, ihren Auftrag zu erweitern. Die acht Minister müssten nicht nur über die Einnahmen, sondern auch über die Ausgaben reden, forderte die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer.

Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sagte, angesichts des drohenden Defizits sei die "entscheidende Botschaft, dass nichts bleiben kann, wie es ist". Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) bleibt optimistisch, was die Arbeit der neuen Regierungskommission anbetrifft. Er sagte im Deutschlandfunk, die Bundesregierung sei "sehr geschlossen".

Als Sparmöglichkeiten nannte Pfeiffer in der "Passauer Neuen Presse", die Arzthonorare an die wirtschaftliche Entwicklung zu koppeln. "Im Krankenhausbereich könnte man durch mehr Wettbewerb günstigere Konditionen für die Krankenkassen ermöglichen", fügte sie hinzu.

Um Kostensteigerungen bei Arzneimitteln abzufangen, fordert der Spitzenverband der Kassen "ein schnelleres Verfahren zur Nutzenbewertung neuer Medikamente und einen Mechanismus zur Preisfestsetzung, bei dem die Pharmaindustrie nicht die Preise einseitig diktiert".

Pfeiffer sagte, es müssten auch mehr schnell wirkende Maßnahmen wie ein erhöhter Herstellerabschlag für Arzneimittel beschlossen werden. "Es ist an der Zeit, dass bei den Arzneimitteln endlich der Nutzen für die Versicherten und nicht mehr der Gewinn für die Pharmaindustrie im Vordergrund steht."

Unterdessen teilte der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) mit, die Alterungsrückstellungen (für die Deckung der Risiken aller Versicherten) in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung seien 2009 um weitere zehn Milliarden auf jetzt 144 Milliarden Euro angewachsen. Der PKV-Vorsitzende Reinhold Schulte sagte: "Während die gesetzlichen Krankenkassen in diesem Jahr fast 16 Milliarden Euro vom Staat benötigen, was einer zehnprozentigen Beitragserhöhung entspräche, kommt die private Krankenversicherung ohne Steuerzuschuss und ohne Schulden aus."

Zum Jahresende 2009 hatten 8,81 Millionen Menschen eine private Krankenvollversicherung (plus zwei Prozent). Hinzu kommen 21,7 Millionen Zusatzversicherungen (plus 3,5 Prozent). Gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versicherten sich im vergangenen Jahr 165 100 Bürger zusätzlich. Insgesamt wurden bislang knapp 1,5 Millionen solcher Pflegezusatzversicherungen abgeschlossen.