Der sozialdemokratische Außenexperte stimmte seinem neuen Amt als Koordinator der deutsch-amerikanischen Beziehungen erst nach Zögern zu. Ein Grund: FDP-Außenminister Guido Westerwelle.

Hamburg. Hamburger Abendblatt:

Sie sind zum Koordinator der deutsch-amerikanischen Beziehungen berufen worden. Ist das für Sie noch einmal eine Art Traumjob?

Hans-Ulrich Klose:

Traumjob wäre übertrieben. Ich beschäftige mich seit Jahrzehnten mit Amerika und ich habe eine zum Teil amerikanische Biografie: Ich bin dort zur Schule gegangen und habe ein familiär-liebevolles Verhältnis zu Amerika. Politisch habe ich mich immer damit beschäftigt, weil ich finde, dass die transatlantische Zusammenarbeit wichtig war und unverändert wichtig ist. Darum habe ich nach anfänglichem Zögern entschieden, Ja zu sagen, als bei mir angefragt wurde.

Abendblatt:

Warum haben Sie gezögert?

Klose:

Es ist ja nicht gewöhnlich, dass jemand in einen solchen Job berufen wird, der politisch hier in Berlin zur Opposition gehört. Ich bin Sozialdemokrat. Es ist theoretisch denkbar, dass es so etwas wie Loyalitätskonflikte geben kann. Situationen, in denen man Schwierigkeiten hat. Das habe ich bedacht, weil ich den Wunsch habe, wenn ich einmal aufhöre - und ich werde nach dieser Legislaturperiode als Abgeordneter aufhören -, im Frieden mit meiner Partei auszuscheiden. Deshalb habe ich mich mit zwei Menschen beraten. Einer von beiden war unser Botschafter in Washington, der andere mein Fraktionsvorsitzender Frank-Walter Steinmeier, der mir geraten hat, es zu machen.

Abendblatt:

Wie beurteilen Sie Außenminister Guido Westerwelle persönlich, der derzeit massiv in der Kritik steht?

Klose:

Ich habe zu Westerwelle immer ein ordentliches, höfliches, freundliches Verhältnis gehabt. Dennoch gebe ich zu, das ist der Punkt, der mich ein bisschen hin- und hergerissen hat: Er ist Außenminister, aber er ist auch Parteivorsitzender, einer, der sich sehr stark innenpolitisch äußert und dadurch zur Zielscheibe der Opposition wird. Ich glaube, dass ich damit umgehen kann.

Abendblatt:

Woran liegt es, dass Westerwelle auch in der Bevölkerung vom Amtsbonus des Außenministers nicht profitieren kann?

Klose:

Das liegt auch daran, dass er sich dezidiert in die innenpolitische Debatte einschaltet, was frühere Außenminister so nicht gemacht haben. Er ist halt ein Typ, der austeilt und deshalb auch Pfeile auf sich zieht.

Abendblatt:

Was sehen Sie als wichtigste Aufgabe des deutsch-amerikanischen Koordinators?

Klose:

Dazu muss ich eine grundsätzliche Bemerkung machen. Es ist unübersehbar, dass aus der Sicht Amerikas Deutschland seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr ganz so wichtig ist wie während des Kalten Krieges. Damals waren wir Konfliktland und lagen an der Grenze. Heutzutage haben sich die amerikanischen Interessen eher nach Osteuropa, in den Mittleren Osten, Zentralasien und den pazifischen Raum verlagert. Deshalb ist es nicht selbstverständlich, dass die deutsch-amerikanischen Beziehungen unverändert gut bleiben. Daran muss man arbeiten.

Abendblatt:

Was ist das Reizvollste an Ihrer neuen Aufgabe?

Klose:

Ich kenne mich in Amerika gut aus. Ich glaube, ich kann etwas beitragen, was in der Politik nicht vorausgesetzt werden kann: nämlich ein Gefühl dafür, wie die jeweils andere Seite tickt. Wir teilen Werte, aber die Mentalitäten können sehr verschieden sein. Die zu kennen und zu berücksichtigen - das ist eine reizvolle Aufgabe.

Abendblatt:

US-Präsident Obama hat die Europäer bei seinem Amtsantritt eingeladen, Mitverantwortung zu übernehmen. Ist Europa dem nachgekommen?

Klose:

Aus amerikanischer Sicht wahrscheinlich nicht so, wie sie es erwartet hätten. Dabei macht Amerika den Fehler, die Erwartungen zu sehr auf Afghanistan zu begrenzen. Das amerikanisch-europäische Verhältnis ist aber mehr als Afghanistan. Umgekehrt kann man sagen, die Europäer werden in Amerika wahrgenommen als Marktführer in Sachen "Soft Power". Da hätten wir mehr liefern können, etwa bei der Polizeiausbildung in Afghanistan.

Abendblatt:

Obama wirkt entzaubert - waren die Erwartungen an ihn überzogen?

Klose:

Meine Erwartungen waren nicht überzogen. Mir war immer klar, dass der amerikanische Präsident immer zuerst amerikanischer Präsident ist, der amerikanische Interessen vertritt. Er war für mich weniger der Heilsbringer, als der er öffentlich wahrgenommen worden ist. Eine Zeitung hat mal getitelt, man habe einen Messias erwartet und einen Mechaniker bekommen. Ich habe ihn immer eher als Mechaniker gesehen. Aber das liegt auch daran, dass mir Heilsbringer von Natur aus eher verdächtig sind.