Hamburg/Berlin. Ihre heikelsten Streitfälle hat die schwarz-gelbe Bundesregierung in eingeschobenen Halbsätzen versteckt. Und diese Formulierungen des Koalitionsvertrages von CDU/CSU und FDP fliegen den Partnern in der Familienpolitik derzeit um die Ohren. Es geht um die frischgebackenen Eltern, die ihre Kinder nicht in Kitas betreuen lassen, sondern sich selbst um sie kümmern wollen.

Väter oder Mütter dieser Kleinen unter drei Jahren sollen ab 2013 ein Betreuungsgeld von 150 Euro pro Monat, "gegebenenfalls als Gutschein", bekommen. Ein Halbsatz, der polarisiert: Das Geld bar auf die Hand? Als Gutschein für was?

Oder, wie der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe in der Unionsfraktion, Peter Weiß (CDU), jetzt vorschlägt, als Rentengutschrift für die Eltern?

Die CSU ist empört. Sie kämpft für 150 Euro Cash und das Familienbild, in dem die Mutter sich ohne staatliche Obhut dem Kleinkind widmet. "Für die CSU ist entscheidend, dass den Familien das Geld dann zur Verfügung gestellt wird, wenn sie es brauchen - in der Phase der Familiengründung. Wir wissen überhaupt nicht, wie sich die Renten entwickeln", sagte die familienpolitische Sprecherin der Unions-Fraktion, Dorothee Bär (CSU), dem Abendblatt.

Den Vorschlag ihres Kollegen und Rentenexperten Weiß (CDU) lehnt sie ab: "Wir stecken Milliarden Euro in den Ausbau der Kinderbetreuung und suggerieren den Bürgern, dass der Staat nur ein Betreuungsmodell unterstützt. Allein die Diskussion darum, ob man den Eltern ein Betreuungsgeld auszahlen darf, verunsichert viele. Deshalb halte ich an der Barauszahlung des Betreuungsgeldes fest."

Weiß dagegen meint: Lieber im Alter mehr Rente als in jungen Familienjahren mehr Bares. Nach seinem Diskussionspapier könnte man den Eltern, die die Kinder zu Hause betreuen, eine Gutschrift für die Rente geben. Schon heute gibt es das Eltern- und das Kindergeld. Erziehungszeiten werden bereits bei der Rente berücksichtigt. Drei Jahre lang bekommt zum Beispiel eine Mutter nach der Geburt in der Rentenversicherung Punkte gutgeschrieben, als ob sie in dieser Zeit einen Durchschnittslohn (30 800 Euro im Jahr) verdient hätte. Verdient sie sich neben der Kinderbetreuung etwas dazu, kommt das bei der Rente obendrauf. Dafür zahlt der Bund jedes Jahr einen Milliardenzuschuss in die Rentenversicherung.

Bei Rentenexperten heißt es: Will man die 150 Euro Betreuungsgeld im Monat für die zu Hause Erziehenden auf die Rente umrechnen, bringt das den Müttern im Alter lebenslang etwa 27 Euro mehr.

Auch der CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt lehnt dieses Modell ab. Er sagte der "Financial Times Deutschland": "Dieser unausgegorene Vorschlag geht völlig in die falsche Richtung, weil er den jungen Familien Versprechungen für die Zukunft statt echte Unterstützung in der Gegenwart bietet." Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) wollte sich nicht äußern.

Bayerns Familienministerin Christine Haderthauer (CSU) forderte ein Machtwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Das Betreuungsgeld soll gekippt werden unter dem Mäntelchen der Fürsorge für junge Eltern", sagte Haderthauer der "Welt". Dadurch zerstöre die CDU die Vertrauensgrundlage der Koalition. Das Betreuungsgeld war als "Herdprämie" diffamiert worden. Deshalb hatte sich die CSU in den Koalitionsverhandlungen so sehr für Barauszahlung eingesetzt. Die Gutscheinanhänger argumentieren mit Fehlanreizen bei Bargeld. So würden vor allem Familien mit Migrationshintergrund lieber Geld nehmen, als ihre Kinder in die Kitas zu bringen.