Berlin. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat zu einer finanziellen Entschädigung von Missbrauchsopfern an Schulen aufgerufen. "Es braucht ein klares Signal an die Opfer - wie zum Beispiel das Gespräch über freiwillige Wiedergutmachungen in den Fällen, in denen die rechtliche Verjährung eingetreten ist", sagte die Ministerin der "Süddeutschen Zeitung". Dies wäre "ein Stück Gerechtigkeit gegenüber den Opfern, auch wenn sich das erlittene Unrecht materiell nicht aufwiegen lässt".

Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass nur Fälle zugegeben würden, die sich nicht länger bestreiten ließen, sagte die Ministerin weiter. Zugleich forderte sie die katholische Kirche abermals auf, die Aufklärung von Missbrauchsfällen konsequenter anzugehen als bisher.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles äußerte sich im gleichen Blatt ähnlich. "Überall dort, wo systematischer Missbrauch über längere Zeit systematisch vertuscht wurde, muss Aufklärung geschaffen werden, damit sich das nicht wiederholt", sagte Nahles. Eine symbolische Entschädigung "wäre ein angemessenes Angebot an die Opfer".

Leutheusser-Schnarrenberger sagte weiter, die zivilrechtlichen Verjährungsfristen bei Kindesmissbrauch sollten verlängert werden. Sie zeigte sich dagegen skeptisch zu Forderungen nach einer Verlängerung der strafrechtlichen Frist. Ihr Staatssekretär Max Stadler sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", dass die kurze Frist von drei Jahren für Ansprüche auf Schadenersatz zu kurz sei. Der FDP-Rechtspolitiker Hartfrid Wolff brachte eine zivilrechtliche Verjährungsfrist von 30 Jahren ins Gespräch. Die bayerische Justizministerin Beate Merk forderte gegenüber der "Welt", die Mindeststrafe für sexuellen Missbrauch von derzeit sechs Monaten auf ein Jahr anzuheben.

Unterdessen sind immer mehr Missbrauchsskandale auch im Ausland bekannt geworden. In den Niederlanden werden neben zahlreichen Priestern erstmals auch Nonnen beschuldigt, sich an kleinen Jungen vergangen zu haben. In Österreich kommen immer mehr Fälle von Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche ans Tageslicht.

Keinen Missbrauchs-, sondern Misshandlungsvorwürfen sieht sich das evangelische Sozialwerk Diakonie ausgesetzt. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 17 Ex-Mitarbeiter eines Tochterunternehmens der zur Diakonie Rheinland gehörenden Graf-Recke-Stiftung. Sie sollen Autisten gequält haben.