Berlin. Um 03.17 Uhr am Freitagmorgen war es amtlich: Der erste Haushalt der schwarz-gelben Koalition war unter Dach und Fach - und damit auch ein Schuldenrekord. Gut 14 Stunden wurde in der Schlussrunde um jeden Posten gerungen. Das bekam auch die Ministerriege zu spüren. Lange mussten die Ressortchefs von Union und FDP auf einen Auftritt vor dem Haushaltsausschuss des Bundestages warten, um ein letztes Mal für ihren Etat zu kämpfen.

Am Ende der ungewöhnlich langen "Bereinigungssitzung" klopften sich die Haushaltspolitiker der Koalition auf die Schultern. Sie haben ihr Ziel "zu 100 Prozent" erreicht und können die erhoffte Botschaft verkünden: Die Neuverschuldung wurde von 85,8 Milliarden im Entwurf auf nun 80,2 Milliarden gedrückt. Natürlich hätte man locker auch unter die 80-Milliarden-Marke kommen und so eine bessere Zahl verkaufen können, sagen Norbert Barthle (CDU) und Otto Fricke wenige Stunden später in die Mikrofone: "Das zeigt einfach nur, dass wir keine Kosmetik oder 'Aldi-Politik' betreiben nach dem Motto: 79,99 klingt besser als 80,2." Nicht Spielchen, sondern Seriosität seien gefragt. Auch sei es gut, am Ende des Jahres besser dazustehen.

Die Aufstellung des Bundeshaushaltes 2010 hatte sich wegen der Bundestagswahl verzögert. Endgültig verabschiedet wird der Etat am 19. März. Er sieht Ausgaben der Ministerien und Behörden in Höhe von 319,5 Milliarden Euro vor, das sind 9,3 Prozent mehr als 2009. Wegen der Krise brechen die Steuereinnahmen weg, die nur mit 211,9 Milliarden Euro veranschlagt werden. Die neuen Kredite schließen die Lücke zwischen den Einnahmen und Ausgaben.

Drastische Einsparungen sind im Etat nicht vorgesehen - sie kommen erst ab 2011 auf Wirtschaft und Bürger zu, wenn die neue Schuldenbremse im Grundgesetz greift. Bei den Verwaltungs- und Eingliederungsausgaben für Hartz IV sperrte die Koalition 900 Millionen Euro, die der Ausschuss später im Jahr freigeben kann. Nach Lesart von Union und FDP handelt es sich um zusätzliche Mittel gegenüber den Ausgaben von 2009. Um an den zusätzlichen Betrag zu kommen, muss das Arbeitsministerium ein Konzept vorlegen, wie die Treffsicherheit der BA-Programme zur Eingliederung von Erwerbslosen in den ersten Arbeitsmarkt erhöht werden kann. Der SPD-Haushälter Carsten Schneider kritisierte, faktisch handele es sich bei der Sperre um eine Kürzung, weil den Jobcentern das Geld nicht zur Verfügung stehe. Für die Klientelpolitik der Regierung müssten die Arbeitslosen bluten.

Zur Stabilisierung der Lohnnebenkosten erhalten Kranken- und Arbeitslosenversicherung in diesem Jahr aus dem Bundeshaushalt einen Zuschuss von etwa 17 Milliarden Euro. Ein entsprechendes Gesetz verabschiedete der Bundestag am Freitag mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition. Die Regelung sieht vor, dass der von der Bundesagentur für Arbeit erwartete Fehlbetrag von 12,8 Milliarden Euro mit einem Zuschuss statt mit einem Darlehen gedeckt wird. Die gesetzlichen Krankenkassen erhalten 3,9 Milliarden Euro. Zusätzlich wollen viele Kassen einen Zusatzbeitrag kassieren.

Mit dem Gesetz wird auch das Schonvermögen für Hartz-IV-Bezieher verdreifacht. Von ihrem Ersparten werden künftig 750 statt 250 Euro pro Lebensjahr beim Arbeitslosengeld II nicht angerechnet.