Berlin. Die SPD verabschiedet sich von früheren Positionen in der Gesundheitspolitik und will die von ihr selbst mit eingeführten Zusatz- und Sonderbeiträge für Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen abschaffen.

Stattdessen soll das Gesundheitswesen wieder paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, ergänzt durch Steuerzuschüsse, finanziert werden. Dies sieht ein Antrag vor, den die SPD gestern im Bundestag einbrachte.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte zur Begründung, es sei nicht einzusehen, warum "ausgerechnet in der heutigen Zeit" die Arbeitgeber von steigenden Kosten im Gesundheitssystem entlastet werden sollten. Die SPD sei ein "lernfähiges System" und wolle auch keine "kleine Kopfpauschale" mehr, wie sie derzeit von ersten Krankenkassen in Form des Zusatzbeitrags erhoben werden. Diese Zusatzbeiträge seien der SPD bei der letzten Gesundheitsreform "aufs Auge gedrückt worden", sagte er. Dies wollten die Sozialdemokraten nun korrigieren. Lauterbach nannte die Kritik an den Reformplänen von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) zur Einführung einer Kopfpauschale berechtigt. Diese sei ungerecht und unbezahlbar. Auch Linke und Grüne sprachen sich gegen die Kopfpauschale aus. In ihrem Antrag fordert die SPD die volle Rückkehr zur paritätischen Finanzierung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Die Beschäftigten zahlen aufgrund eines noch von SPD und Grünen eingeführten Sonderbeitrags derzeit 7,9 Prozent, die Arbeitgeber nur sieben Prozent in die gesetzliche Krankenversicherung. Der CDU-Gesundheitsexperte und Bundestagsabgeordnete Jens Spahn warf der SPD vor, sie verabschiede sich von elf Jahren eigener Gesundheitspolitik und rechne mit der Politik von Ulla Schmidt ab. Die SPD stelle ihr Licht unter den Scheffel, wenn sie behaupte, sie habe auf Druck der Union die Zusatzbeiträge mittragen müssen.

Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Ulrike Flach warf der SPD vor, sie leide unter "politischer Amnesie". "Es ist ihr Gesetz, es ist ihr Gesundheitsfonds, und es sind auch ihre Zusatzbeiträge." Wenn die Sozialdemokraten diese eigentlich nicht gewollt hätten, hätten sie redlicherweise aus der Koalition aussteigen müssen. Flach kündigte auf "Phoenix" an, Ergebnisse der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission zur Reform des Gesundheitswesens seien bis zum Sommer zu erwarten. Man werde "einen Vorschlag vorlegen, wie wir die einkommensunabhängige Prämie von der Einnahmenseite her absichern können".