Dresden. Es war wohl deutlich mehr Aufmerksamkeit, als Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich lieb gewesen sein dürfte: Sein Auftritt beim CDU-Kongress "Denkfabrik Sachsen" in Dresden stand gestern weniger wegen des eigentlichen Themas im Mittelpunkt des Interesses, als vielmehr wegen der Sponsoring-Vorwürfe, die seit dem Wochenende auf Tillich einprasselten.

Medienberichten zufolge zahlten Sponsoren für ihre Präsentations-Stände auf der Veranstaltung bis zu 8000 Euro. Das beinhaltete auch einen Kurzbesuch von Tillich und einen Fototermin. Der CDU-Landeschef wies aber alle Kritik daran zurück. Das Prozedere sei durch das geltende Parteienrecht gedeckt, erklärte er vorab. Er stimme überdies vollkommen mit CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel darin überein, dass ein Ministerpräsident nicht käuflich sein dürfe. "Und ich versichere Ihnen: Sponsoring hin oder her - der sächsische Ministerpräsident ist nicht käuflich", sagte er in seiner Eröffnungsrede.

Kongresse wie die "Denkfabrik" seien "ohne Budget, ohne Geld, ohne zusätzliches Sponsoring praktisch nicht zu machen", sagte der Ministerpräsident. Das Konzept der "Denkfabrik" sei sorgfältig von Fachleuten geprüft worden. "Mir wurde versichert, dass es dem geltenden Parteienrecht entspricht", betonte Tillich. Er habe gleichwohl den sächsischen CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer aufgefordert, ein Gutachten von einem unabhängigen Staats- und Verfassungsrechtler einzuholen. Vor Tillich war bereits der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) in die Kritik geraten, weil Sponsoren auf Parteiveranstaltungen Gespräche mit ihm gegen Geldzahlungen angeboten worden waren.

Pech für den Sachsen: Neben den Sponsoring-Vorwürfen bringt ihn ausgerechnet jetzt auch noch ein Brief an seine Landesbediensteten in den Ruch, Partei- und Staatsinteressen zu vermischen. In einem Schreiben aus der Weihnachtszeit habe er den Staatsdienern dafür gedankt, dass sie durch ihre Arbeit an dem erfolgreichen Abschneiden der CDU bei den Landtagswahlen am CDU-Wahlerfolg mitgewirkt hätten. Die Neue Richtervereinigung in Sachsen kritisierte, der Regierungschef habe ein Staatsverständnis, "das uns Bauchweh macht". Aus der Staatskanzlei in Dresden hieß es, man habe ein "motivierendes Gruppengefühl" bei den Staatsdienern erzeugen wollen.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast drängt auf Änderung des Parteiengesetzes. "Einnahmen aus Sponsoring müssen genauso wie direkte Parteienspenden zeitnah und regelmäßig veröffentlicht werden", forderte sie. Und mehr noch: Jeder CDU-Ministerpräsident sei aufgerufen, "jetzt umgehend darzulegen, ob er Gesprächstermine gegen Geld angeboten hat." Der Verdacht liege nahe, dass die Affären Rüttgers und Tillich nur der sichtbare Teil einer CDU-Praxis zur Geldeinnahme seien, sagte die Grüne.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel schloss eine juristische Prüfung nicht aus. Sponsoring von Veranstaltungen an sich sei kein Problem, wohl aber "gekaufte Zeit von Amtsträgern", sagte er. Und er fügte hinzu: "Das wäre es wert, durch die Staatsanwaltschaft untersucht zu werden."