Berlin/Freiburg. Nach der Eskalation des Streits um ihre Äußerungen in den ARD-"Tagesthemen" will Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, zu einem klärenden Gespräch treffen.

Zollitsch hatte von der FDP-Politikerin in einer ultimativen 24-Stunden-Frist eine schriftliche Entschuldigung für ihre Vorwürfe gegen die katholische Kirche im Zusammenhang mit sexuellen Missbrauchsfällen gefordert. Auch Zollitsch erklärte am Rande der Frühjahrstagung der Deutschen Bischofskonferenz in Freiburg seine Bereitschaft für ein Treffen. "Einen Teil der Aussage hat die Justizministerin heute meiner Meinung nach ja revidiert", sagte Zollitsch. Er hatte sich in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Ministerin beschwert. Über den Inhalt wurde Stillschweigen vereinbart.

Leutheusser-Schnarrenberger werde Zollitsch auf dessen Kritik in angemessener Form schriftlich antworten, stehe aber auch für ein Gespräch zur Verfügung, sagte ein Sprecher des Ministeriums in Berlin. Aus Sicht der Ministerin gehe es nicht um einen Schlagabtausch mit Zollitsch, sondern um mahnende Worte, wie die Kirche auch mit den Opfern ins Gespräch kommen könne. Der angekündigte Brief der Ministerin sei bei ihm noch nicht eingetroffen, sagte Zollitsch gestern dazu.

Leutheusser-Schnarrenberger hatte zuvor in den "Tagesthemen" zu den in den vergangenen Tagen bekannt gewordenen Fällen von sexuellem Missbrauch gesagt, sie erwarte, "dass die Verantwortlichen der katholischen Kirche endlich konstruktiv mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten, Hinweise geben, mit aufklären". Bisher habe sie nicht den Eindruck, dass die Verantwortlichen "ein aktives Interesse an wirklich rückhaltloser und lückenloser Aufklärung gezeigt haben".

Zollitsch sprach von der "seit Jahren schwerwiegendsten Attacke" einer Bundesregierung gegen die katholische Kirche. Die Ministerin habe "maßlos gegen die Kirche polemisiert". Im Deutschlandradio regte Leutheusser-Schnarrenberger an, einen runden Tisch zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle einzurichten, "wie er in anderen europäischen Ländern üblich ist". Sie betonte, es gehe ihr nicht um einen Disput mit der katholischen Kirche: "Bei all dieser Auseinandersetzung darf doch eines nicht aus dem Blickfeld geraten: Nämlich, dass es um Opfer sexuellen Missbrauchs geht, der vor vielen Jahren, vor Jahrzehnten stattgefunden hat."