Stuttgart. Überraschungscoup bei der Regierungsbildung in Baden-Württemberg: Die parteilose Wissenschaftlerin Marion Schick (51) wird neue Kultusministerin, wie Ministerpräsident Stefan Mappus mitteilte. Bisher ist Schick bei der Fraunhofer-Gesellschaft im Vorstand für den Bereich Personal und Recht zuständig. Sie habe im Bildungsbereich vielfältige Erfahrung, sagte Mappus. Schick löst Helmut Rau ab, der als Minister in die Staatskanzlei wechselt.

Der bisherige Kultusminister war in den letzten Monaten verstärkt in die Kritik geraten. Neben Unterrichtsausfall beklagten Eltern und Schüler unter anderem auch Belastungen beim achtjährigen Gymnasium und das starre Festhalten am dreigliedrigen Schulsystem. Mappus betonte, er habe Rau nicht zwangsversetzt. Die beiden gelten als enge politische Freunde.

"Ich brauche im Staatsministerium jemanden, der mir ein stückweit den Rücken frei hält", sagte Mappus mit Blick auf die kommende Landtagswahl im Frühjahr 2011. Der 59-Jährige sei eng in der Partei vernetzt. Wolfgang Reinhart vertritt in Zukunft die Interessen des Landes in der Hauptstadt Berlin und bei der Europäischen Union, seine Aufgabe als Staatsminister gibt er ab.

Die neue Kultusministerin Schick ist ausgebildete Berufsschullehrerin. Als Mutter von Kindern im Alter von 14 und 18 Jahre verstehe man naturgemäß etwas von Schule, sagte sie. Bevor sie zur Fraunhofer-Gesellschaft wechselte, war die Wissenschaftlerin von 2000 bis 2008 Präsidentin der Hochschule in München. Die oppositionelle SPD kritisierte die Berufung von Schick. Fraktionschef Claus Schmiedel sagte, der Austausch von Rau ohne eine neue Bildungspolitik sei ein reiner Marketinggag und bringe den Schülern und Eltern im Land nichts. Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann sagte, man sei zu einer harten, aber fairen Debatte über die Bildungspolitik bereit.

Neuer Landwirtschaftsminister wird Rudolf Köberle, der bisher Verkehrsstaatssekretär war. Der Posten musste neu besetzt werden, weil Peter Hauk zum CDU-Fraktionschef gewählt wurde. Im Amt bleiben Willy Stächele, Wissenschaftsminister Peter Frankenberg, Innenminister Heribert Rech und Sozialministerin Monika Stolz, alle CDU.

Gewinnerin des Kabinettumbaus ist Umweltministerin Tanja Gönner, die zusätzlich den Bereich Verkehr hinzubekommt. Die beiden FDP-Minister behalten in der Stuttgarter Regierungskoalition ihre Ressorts für Justiz (Ulrich Goll) und Wirtschaft (Ernst Pfister).

Mappus ist mit 43 Jahren der jüngste Regierungschef in Deutschland. Der frühere CDU-Fraktionsvorsitzende war vor zwei Wochen gewählt worden. Er hatte den Posten vom neuen EU-Kommissar Günther Oettinger übernommen, der in Brüssel für Energie zuständig ist. Justizminister Ulrich Goll (FDP) sagte, es habe bei der Regierungsbildung wohldosierte Umgruppierungen gegeben. Die FDP stehe dahinter, dass man im Bildungsbereich in die Offensive gehe.