Vertraulicher Bericht der Bundeswehr legt eklatante Mängel offen: Das Fluggerät für 4,6 Milliarden Euro hält den Belastungen in Afghanistan offenbar nicht stand.

Hamburg/Berlin. Ein vernichtenderes Urteil über einen neuen Hubschrauber ist kaum denkbar: "Wann immer möglich, sind andere Luftfahrzeuge zu benutzen." Der Satz findet sich in einem vertraulichen Bericht des Heeres, aus dem die "Bild"-Zeitung gestern zitierte. Der Report befasst sich mit dem Mehrzweckhubschrauber NH 90, mit dem die Bundeswehr für 4,6 Milliarden Euro ausgerüstet werden soll. In dem 103-seitigen Bericht wird unter anderem bemängelt, dass der Helikopter zu wenig Bodenfreiheit aufweise, viel zu wenig Platz biete und für Soldaten in voller Kampfausrüstung total unbrauchbar sei.

Die Sitze seien zu schwach, der Boden sei viel zu druckempfindlich und die Heckrampe so schwach, dass voll bepackte Soldaten sie nicht zum Aussteigen benutzen könnten. Schwere Waffen könnten nicht mitgeführt werden, da Gurte zum Festzurren nicht vorgesehen seien.

Die Bundeswehr will 122 NH 90 anschaffen - 80 für das Heer und 40 für die Luftwaffe. 13 Exemplare einer Vorserienversion seien bereits ausgeliefert worden, erklärte das Bundesverteidigungsministerium. Nach Feststellung der eklatanten Mängel bei Tests müssen die Hubschrauber nun nachgebessert werden.

Dabei werden die neuen Helikopter dringend in Afghanistan benötigt. Der Einsatztruppe dort stehen nur Maschinen des aus Vietnamkriegstagen stammenden Typs Bell UH-1D und des nicht viel jüngeren Sikorsky CH-53 zur Verfügung. Nur ein Teil von ihnen ist ständig flugfähig.

Die NH-90-Pleite reiht sich ein in eine ganze Reihe von Ausrüstungsskandalen. So verfügt die Bundeswehr - anders als Truppen anderer Nato-Staaten - in Afghanistan nicht über Kampfhubschrauber zum Schutz der Soldaten am Boden. Der neue deutsch-französische "Tiger" muss aufwendig nachgerüstet werden - die Motoren sind für den hoch gelegenen Hindukusch nicht geeignet. Zudem haben die Franzosen ihre Maschinen nach dem Ende des Kalten Krieges von einer reinen Panzerabwehr- auf eine Bodenunterstützungsversion mit Maschinenkanone im schwenkbaren Kinnturm umgerüstet. Sie setzen diese Version bereits erfolgreich in Afghanistan ein.

Die Bundeswehr-Beschaffer beharrten weitgehend auf dem Panzerabwehrmodell, für das es jetzt kaum noch Einsatzmöglichkeiten gibt. Die deutsche Version wird ständig nachgebessert - und fehlt der Truppe in Afghanistan.

Auch die Auslieferung des strategischen Transportflugzeugs Airbus A400M verzögert sich immer weiter - vor allem wegen Triebwerksproblemen. Aber auch hier soll die Laderampe zu schwach dimensioniert sein, und die angepeilte Nutzlast wird noch nicht erreicht. Dabei ist diese Nutzlast von maximal 37 Tonnen noch nicht einmal geeignet, einen einzigen Kampfpanzer vom Typ "Leopard 2 A6" (62,5 Tonnen) zu verlasten.

Zum Vergleich: Die amerikanische Lockheed C-5 Super Galaxy vermag 122 Tonnen zu tragen, die neuere Boeing C-17 A Globemaster II immerhin 77 Tonnen, die russisch-ukrainische Antonow An-124 150 Tonnen und die gigantische Weiterentwicklung An-225 sogar 250 Tonnen.

Aber auch auf dem Boden geht es nicht recht voran: der Nachfolger für den betagten Ketten-Schützenpanzer "Marder" - das einzige Großkampfgerät, das in einigen Exemplaren in Afghanistan im Einsatz ist - der GTK "Boxer", ist noch in der Testphase.

Als weitgehende Pleite hat sich bereits das Bundeswehr-Mehrzweckfahrzeug "Mungo" in Afghanistan erwiesen, dessen Panzerschutz, Geländegängigkeit und Waffenhalterungen sich den Anforderungen am Hindukusch nicht gewachsen zeigte. Das für ein Panzerfahrzeug schwache Fahrgestell basiert auf einer Straßenkehrmaschine, Fahrer und Beifahrer können von hinten mühelos erschossen werden - dort fehlt die Panzerung ganz.