Hamburg/Frankfurt. Alle paar Stunden klingelt im Frankfurter Büro der Anwaltskanzlei "White and Case" das Telefon. Am anderen Ende der Leitung melden sich reuige Steuersünder. Sie wollen sich selbst anzeigen und ihr Geld aus der Schweiz bei den deutschen Finanzämtern versteuern - rechtzeitig, bevor sie wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis landen könnten.

Derzeit berät das Büro 20 Mandanten, doppelt so viele dürften es in den kommenden Tagen werden. Bei einigen geht es um hunderttausend Euro, bei anderen um Beträge im zweistelligen Millionenbereich.

Nach der Entscheidung der Bundesregierung für den Kauf einer Daten-CD kommt es bundesweit zu einer Welle der Selbstanzeigen. Allein in Bayern hätten sich bis Ende vergangener Woche 291 Steuerhinterzieher im Zusammenhang mit der Bankdaten-CD gemeldet, berichtet die "Financial Times Deutschland" (FTD). In Schleswig-Holstein waren es 36 Fälle, in Niedersachsen sogar 174. Das Bundesland erwarte zusätzliche Steuereinnahmen von 11,3 Millionen Euro. Dem deutschen Fiskus sind laut FTD Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe sicher. Auch Hamburg könne mit Mehreinnahmen von 21 Millionen Euro rechnen, sagte Christoph Klamp, Sprecher der Finanzbehörde dem Hamburger Abendblatt. Aufgrund von Länderfinanzausgleich und Bundessteuer bleibe allerdings nicht die gesamte Summe in der Hansestadt. Bis gestern Morgen haben sich 105 Steuerhinterzieher bei den Hamburger Behörden angezeigt. Allein in der vergangenen Woche stieg die Zahl der Fälle von zehn auf 88. Eine Daten-CD sei den Hamburger Behörden noch nicht angeboten worden. Inwieweit die Stadt sich an einem Einkauf von Daten beteiligt, werde derzeit noch geprüft. In den Monaten nach dem Liechtensteiner Finanzskandal Anfang 2008 hatten sich 51 Steuerhinterzieher aus Hamburg angezeigt. Etwa fünf Millionen Euro Steuernachzahlungen gingen damals an das Finanzamt.

"Unsere Mandanten sind nervös und aufgeschreckt durch die Vielzahl der CDs, die nach und nach auftauchen", sagt Jürgen Detlef W. Klengel, Steuerstrafrechtler bei "White and Case". "Einige haben noch zur Zeit des Kalten Krieges ihr Geld im Ausland angelegt." Die Anlagen waren als Fluchtgeld oder Notgeld gedacht, falls es zum Krieg mit der Sowjetunion gekommen wäre, so Klengel.