Berlin. Die Regierungskoalition streitet über den Umgang mit älteren Atomkraftwerken und die künftige Linie in der Atompolitik. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) lehnte politische Maßnahmen zur Rettung von alten Atomkraftwerken, die nach geltendem Recht bald stillgelegt werden müssten, im "Tagesspiegel am Sonntag" ab. Gegen diese Linie wandten sich am Wochenende aber Politiker der Union ebenso wie Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP).

Röttgen verteidigte erneut seinen Vorstoß für ein Festhalten am Atomausstieg in einem überschaubaren Zeitraum gegen Kritik aus den eigenen Reihen. Die Koalition habe die Kernenergie als Brückentechnologie definiert und festgehalten, dass die Brücke ende, wenn die erneuerbaren Energien verlässlich die Kernenergie ersetzten, so Röttgen. "Einige nehmen nicht wahr, was auf dem Papier des Koalitionsvertrags steht." Der Umweltminister machte deutlich, dass er alte Atomkraftwerke wie Neckarwestheim I und Biblis A nicht politisch vor der drohenden Abschaltung retten wolle. Die Frage der Laufzeiten werde im Rahmen des energiepolitischen Konzepts entschieden, "nicht schon vorher", sagte der Minister. Bis dahin müsse über den Betrieb einzelner Atomkraftwerke auf der Basis des geltenden Rechts entschieden werden.

Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) erteilte raschen AKW-Abschaltungen hingegen eine Absage. Er bekräftigte in der "Bild am Sonntag" zugleich, Zusatzgewinne durch Laufzeitverlängerungen für bestehende AKWs sollten für den Ausbau erneuerbarer Energien genutzt werden. Zuvor hatten bereits Baden-Württembergs neuer Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) und mehrere Landesumweltminister sich für deutlich längere Laufzeiten auch für Alt-AKWs ausgesprochen. Mappus forderte in der "Stuttgarter Zeitung" besonders den Weiterbetrieb des Atommeilers Neckarwestheim I.