Hamburg. Die Nacht, als Dresden brannte und bis zu 25 000 Menschen starben, wird Werner Hanitzsch nie vergessen. Er war dabei, als britische und US-amerikanische Bomber die Stadt zerstörten. Und gerade deshalb macht es den heute 81-Jährigen so wütend, dass Neonazis den 65. Gedenktag der Bombennacht an diesem Sonnabend für ihre Propagandazwecke missbrauchen wollen. "Sie nutzen das Schicksal Tausender Opfer schamlos aus. Ich finde das abscheulich", sagt Hanitzsch dem Abendblatt.

Seit Jahren schon ruft die rechte Szene zu "Trauermärschen". Für diesen Sonnabend haben sich bis zu 8000 Rechtsextreme aus ganz Europa angesagt. Die Polizei rechnet mit mehreren Tausend linksextremen Gegendemonstranten. Bis zu 8000 Polizisten sollen dafür sorgen, dass es nicht zu Krawallen kommt.

Dresdens Bürgermeisterin Helma Orosz (CDU) hat mit Kirchen, Gewerkschaften und anderen Verbänden zu einer Menschenkette aufgerufen. Die 1,5 Kilometer lange Kette soll die Altstadt "wie ein symbolischer Wall umschließen und damit vor dem Eindringen Rechtsextremer schützen". Die Bürgermeisterin hofft auf 10 000 Teilnehmer. Für die schwarz-gelbe sächsische Regierung ist der Neonazi-Aufmarsch eine Niederlage: War doch das Versammlungsgesetz insofern verschärft worden, dass Demonstrationen am Jahrestag der Bombardierungen verboten werden können. Das verstieß gegen die Versammlungsfreiheit. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen genehmigte die von der "Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland" geplante Demonstration am vergangenen Donnerstag endgültig.

"Ich kann nicht begreifen, warum das Gericht die Demonstration genehmigt", sagt Zeitzeuge Werner Hanitzsch. In der Bombennacht war er Helfer des Roten Kreuzes, kümmerte sich um die Flüchtlinge aus dem Osten, die in der Stadt waren. Nach der ersten Angriffswelle trug er mit anderen noch die Leichen zusammen. "Die aufgerissenen Bäuche, die abgetrennten Gliedmaßen werde ich nie vergessen", sagt er. Als die zweite Angriffswelle über Dresden hereinbrach, flüchtete Hanitzsch in einen Luftschutzkeller, die Bomben rissen die Stahltür wie ein Stück Blech aus der Verankerung. "Die Tür flog auf und riss allen Menschen, die im Weg saßen, den Kopf ab." Er selbst blieb unversehrt.

"Normalerweise würde ich an diesem Wochenende zur Gedenkveranstaltung gehen", sagt er. "Aber ich habe Angst vor Krawallen. Die Toten hätten ein stilles Gedenken verdient."