Mit einem gewaltigen Keulenschlag hat sich das Bundesverfassungsgericht in die Sozialpolitik eingemischt. Die als Hartz IV in die Geschichte eingegangene Leistung für Bedürftige muss tief greifend geändert werden.

So empfinden es nach dem Karlsruher Spruch Bürger und Politik. Doch das ist falsch. Die Richter in den roten Roben haben die Keule nur gezeigt.

Es ist die Wucht des Grundgesetzes, die selbstverständlich auch die größte Arbeitsmarkt- und Sozialreform betrifft. Bei Hartz IV geht es um die letzten Dinge, das Mindeste dessen, was man zum Leben braucht. Und deshalb tangiert es das, was unseren Staat im Innersten zusammenhält: die Menschenwürde und das Sozialstaatsprinzip.

Ob Regelsätze von 359 Euro mit dem Grundgesetz vereinbar sind, das wurde nicht entschieden.

Bei der Berechnung, bei den Bedürfnissen und ihren Kosten haben die Reformer der Hartz-Gesetze geschlampt. Sie haben ausgeblendet, dass nicht bloß Obdach, Hose, Hemd und ein voller Teller zum Leben reichen. Zum Existenzminimum vor allem für Kinder gehören der Sportverein, die Musik, Kino- oder Zoobesuch. Nur so können Bedürftige am Leben Gleichaltriger teilnehmen. Auch wenn sich das nicht unmittelbar aus dem Grundgesetz ableiten lässt.

Da der Gesetzgeber Kinder pauschal zu 60-Prozent-Erwachsenen erklärte, muss er sein Verfahren offenlegen. Und die Härtefälle müssen rasch geregelt werden. Ansonsten steigen die Klagewelle und der Unmut über Hartz IV noch höher.

Dieses Urteil ist ein zerbrechliches Gut in der politischen Debatte und am Stammtisch. Wer jetzt so tut, als sei alles Murks an der Hartz-Reform, der hat nicht richtig hingehört. Nicht der Etat sollte wachsen, sondern die politische Klugheit im Umgang mit Langzeitarbeitslosen, Geringverdienern und denen, die arbeiten, aber trotzdem staatliche Hilfe brauchen.