Berlin. Charlotte Knobloch bleibt Präsidentin des Zentralrats der Juden. Die 77-jährige Münchnerin hat sich erfolgreich gegen ihre vorzeitige Entmachtung gewehrt. Nach einer dreistündigen Sitzung hieß es gestern in Frankfurt knapp, es herrsche "Übereinstimmung" darüber, dass Knobloch ihr Amt bis zum Ende der Wahlperiode ausüben werde. Also bis November.

Präsidium und Direktorium des Zentralrats hatten am Flughafen getagt. Anschließend verlas Charlotte Knobloch eine Erklärung. Darin hieß es, beide Gremien hätten der Präsidentin "das volle und uneingeschränkte Vertrauen" ausgesprochen. Und sie hätten "mit Respekt und Anerkennung" zur Kenntnis genommen, dass die Präsidentin "bewusst einen Generationswechsel herbeiführen" wolle, den sie aktiv unterstützen und begleiten werde. Während Charlotte Knobloch diese steifen Sätze vortrug, standen ihre beiden Stellvertreter Dieter Graumann und Salomon Korn schweigend neben ihr. Die beiden Männer, denen nachgesagt wird, dass sie Knobloch unbedingt vorzeitig hätten ablösen wollen. Fragen wurden auf der kurzen Pressekonferenz nicht zugelassen.

Da Knobloch offenbar nicht bereit war, vorzeitig zu weichen - sie hatte das gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" vom Sonnabend unmissverständlich erklärt -, müssen Graumann und Korn notgedrungen bis November warten. Dritter im Bunde der Knobloch-Gegner ist Zentralrats-Generalsekretär Stefan Kramer. Alle drei werfen der amtierenden Präsidentin hinter vorgehaltener Hand vor, sie wirke innerhalb des durch seine Zuwanderungsströme sehr inhomogenen deutschen Judentums zu wenig integrativ, und sie richte ihren Blick zu sehr in die Vergangenheit und zu wenig in die Zukunft. Dabei war Charlotte Knobloch im Juni 2006 gerade deshalb zur Nachfolgerin des verstorbenen Paul Spiegel gewählt worden, weil die 23 Landesverbände mit ihren 107 jüdischen Gemeinden und etwa 106 000 organisierten Mitgliedern noch einmal jemanden an ihrer Spitze sehen wollten, der den Holocaust überlebt hatte.

Im November werden die Karten neu gemischt. Da Salomon Korn bereits abgewinkt hat, gilt Dieter Graumann als aussichtsreicher Kandidat für die Knobloch-Nachfolge. Der Frankfurter Finanzfachmann, der 1950 in Israel geboren wurde und als Anderthalbjähriger mit seinen Eltern nach Deutschland kam, wäre der erste Zentralratspräsident der Nachkriegsgeneration.