Hamburg/New York. Deutschland ist nach wie vor der größte Handelspartner Irans in Europa - doch deutsche Unternehmen haben begonnen, sich allmählich aus dem Iran-Geschäft zurückzuziehen. Nach Meldung der "New York Times" empfinden die Unternehmen es als zunehmend schwierig, mit dem Iran Handel zu treiben, während die USA, Israel und andere Staaten auf härtere Sanktionen drängen. Teheran steht im Verdacht, ein auch militärisches Atomprogramm zu unterhalten. Der Druck wird größer. Peter Löscher, Chef von Siemens, hatte vor wenigen Tagen angekündigt, keine neuen Aufträge mehr aus dem Iran anzunehmen. Bestehende Verträge würden allerdings noch erfüllt.

Im Dezember hatte der "Spiegel" gemeldet, die Bundesregierung erwäge ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz gegen Siemens, weil der Konzern im Verdacht stand, mögliche Bestandteile für das iranische Raketenprogramm liefern zu wollen. Im Hamburger Hafen habe der Zoll eine Ladung Kompressoren festgesetzt, die man auch dafür verwenden könne - Stichwort "duel use". Auch das Essener Industriedienstleistungsunternehmen Ferrostaal, zu 30 Prozent in deutscher Hand, erklärte, man habe keine neuen Aufträge aus dem Iran mehr angenommen.

Im vergangenen Jahr lieferten deutsche Firmen noch für 3,3 Milliarden Euro Güter in den Iran. 2005 waren es noch 4,4 Milliarden Euro gewesen.

Das "manager magazin" zitierte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Worten: "Ich glaube, Deutschland hat gezeigt, dass das Engagement vieler Firmen schon zurückgefahren wurde."

Und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle forderte Wirtschaftssanktionen gegen den Iran "auf breiter europäischer Ebene". Nach Angaben der "New York Times" beliefen sich die Exporte der 27 Staaten der Europäischen Union im Jahre 2008 auf 14,1 Milliarden Euro.

Manche Güter - wie eben Kompressoren - können unter Umständen auch für militärische Zwecke genutzt werden. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) sieht in letzter Zeit besonders genau hin. 2009 Jahr erteilte das Amt 7210 Genehmigungen - aber nur 48 in den Iran. Dass die strengen Ausfuhrkontrollen umgangen werden können - über Drittstaaten -, ist kein Geheimnis. "Dubai ist Irans größter Handelspartner - aber Dubai produziert gar nichts", sagte ein deutscher Geschäftsmann dem US-Blatt, der auf Anonymität bestand, weil er sonst gefeuert werde. Der Druck aus Berlin nehme zu, deutsche Unternehmen würden nervös - und wichen nach Dubai aus. "Und die Amerikaner betreiben ebenfalls Handel mit dem Iran via Dubai." Auch die deutschen Exportkreditgarantien der Euler Hermes AG schrumpfen - sie lagen 2008 gerade noch bei 133 Millionen Euro, 2005 waren es noch 1, 4 Milliarden Euro.

Die "New York Times" zitierte Ulrich Ackermann, Leiter Außenhandel beim Verband deutscher Maschinen- und Anlagebau (VDMA), mit der rhetorisch anmutenden Frage: "Wenn unsere deutschen Unternehmen sich zurückziehen - werden uns dann andere, nicht deutsche Firmen ersetzen?" Das tun sie längst - und Nutznießer ist vor allem China. "Im Jahre 2008 hatte Deutschland an den fünf Milliarden Euro, für die der Iran Maschinen kaufte, neben den Italienern (24 Prozent) einen Spitzenanteil von 22 Prozent. China lag bereits bei 17,5 Prozent", sagte VDMA-Experte Klaus Friedrich gegenüber dem Abendblatt. Zum Vergleich: 2003 hatte China noch 3,5 Prozent, 2005 waren es 6,2 Prozent. Und Deutschlands Anteil lag vor fünf Jahren noch bei kräftigen 27,6 Prozent.