Hamburg/München. Die Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, verzichtet nach einem Bericht der Wochenzeitung "Die Zeit" auf eine zweite Amtszeit. Allem Anschein nach reagiere die 77-Jährige damit auf Kritik an ihrer Amtsführung auch im engeren Führungskreis des Zentralrats, berichtete das Blatt unter Berufung auf Zentralratskreise. Bestätigt wurde der Bericht zunächst nicht.

Im vergangenen Oktober hatte der Publizist Henryk M. Broder mit seiner Ankündigung für Schlagzeilen gesorgt, er wolle für die Nachfolge Knoblochs kandidieren. Obwohl er wenig später von seinem Ansinnen Abstand nahm, sorgte sein Vorstoß für eine heftige Debatte über die Rolle des Gremiums.

Weder der Zentralrat der Juden in Berlin noch die Israelitische Kultusgemeinde in München, deren Vorsitzende Knobloch ist, wollten den Bericht über einen Verzicht Knoblochs kommentieren. Knobloch selbst befand sich in Osnabrück, wo sie im Beisein von Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) die dortige neue Synagoge eröffnen wollte. Der Vize-Präsident des Zentralrats, Dieter Graumann, sagte, er habe bisher keine Kenntnis von solchen Plänen.

Knobloch steht seit 2006 als Nachfolgerin von Paul Spiegel an der Spitze des Zentralrats. Sollte sich der "Zeit"-Bericht bewahrheiten, steht der offiziellen Vertretung der Juden in Deutschland eine tiefe Zäsur bevor, da Knobloch die letzte Holocaust-Überlebende im Präsidium ist. Die gebürtige Münchnerin ist seit 1985 Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, zudem ist sie Vizepräsidentin des Europäischen Jüdischen Kongresses (seit 2003) sowie des Jüdischen Weltkongresses (seit 2005). Die Nazizeit hatte sie bei einer katholischen Familie in Franken überlebt, die sie als ihr uneheliches Kind ausgab. Ihre Amtszeit endet im kommenden Sommer.