FDP Generalsekretär Lindner: Das müssen wir korrigieren. Leyens Jobcenter-Reform scheitert an Hessen.

Berlin. Wegen schärferer Kontrollen sind vergangenes Jahr mehr Hartz-IV-Betrüger aufgeflogen. Nach der Jahresbilanz der Bundesagentur für Arbeit (BA) über den Leistungsmissbrauch beim Arbeitslosengeld II, über die die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, stieg die Zahl der Straf- und Bußgeldverfahren um 1,8 Prozent auf knapp 165 000 Fälle. Erwischt wurden auch mehr Schwarzarbeiter. FDP-Generalsekretär Christian Lindner forderte deshalb bessere Zuverdienstmöglichkeiten.

Laut Bundesagentur liegt Leistungsmissbrauch etwa dann vor, wenn Einkünfte verschwiegen werden, die persönlichen Verhältnisse falsch angegeben werden, um höhere Zuschüsse zu erhalten, oder wenn andere Leistungen wie etwa Renten oder Ausbildungsbeihilfen nicht angegeben werden.

Insgesamt hatten 2009 dem Bericht zufolge im Jahresdurchschnitt etwa 6,5 Millionen Menschen Anspruch auf Hartz IV. Bezogen auf diese Gesamtzahl lag die Missbrauchsquote nach Angaben der Bundesagentur bei 1,9 Prozent, im Jahr 2008 lag sie bei 1,8 Prozent. Die Summe der zu viel gezahlten Beihilfen verringerte sich sogar deutlich um 16,3 Prozent von 86,3 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 72,2 Millionen Euro im Jahr 2009.

Obwohl in mehr Fällen - nämlich 34 300 nach 33 400 im Jahr 2008 - Verwarnungs- und Bußgelder verhängt wurden, verringerte sich auch die Summe der insgesamt verhängten Strafgelder um 7,5 Prozent auf 3,67 Millionen Euro. Im Durchschnitt mussten die Ertappten 107,19 Euro für ihren Missbrauch an Strafe zahlen, 9,8 Prozent oder 11,69 Euro weniger als im Durchschnitt der Fälle des Jahres 2008.

Spürbar gestiegen ist laut dem BA-Bericht die Zahl der aufgeflogenen Fälle von Schwarzarbeit, hier wurden 39 000 Verdachtsfälle zur Prüfung an den dafür zuständigen Zoll übergeben. FDP-Generalsekretär Christian Lindner forderte daraufhin weitere Korrekturen an der Arbeitsmarktreform Hartz IV. "Wir sollten in Deutschland weniger über die Höhe der Zuweisungen und mehr über einen Ausbau der Förderinstrumente sprechen", sagte Lindner dem Hamburger Abendblatt. "Wir brauchen eine Arbeitsmarktpolitik, die wirksam Qualifikationsmängel beseitigt, und wir brauchen mehr Hinzuverdienstmöglichkeiten durch legale Beschäftigung, als das derzeit der Fall ist." Schwarzarbeit und Zuhausebleiben seien derzeit "oft attraktiver als ein Nebenjob", beklagte Lindner. "Das müssen wir korrigieren und Hartz IV in diesem Sinne weiterentwickeln."

Unterdessen zeichnet sich ab, dass es für die umstrittenen Pläne von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zur Reform der Jobcenter keine Mehrheit gibt. Das Land Hessen will die geplante Änderung bei der Betreuung von Langzeitarbeitslosen im Bundesrat blockieren. In einem offenen Brief an die Ministerin kritisierte Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) insbesondere die beabsichtigte strikte Trennung der Aufgaben von Kommunen und Arbeitsagenturen in den Jobcentern. So ließen sich keine belastbaren und zukunftsfähigen Strukturen schaffen, hieß es. Leyen zog nach dem Querschuss die Notbremse und erklärte, sie könne sich auch eine Grundgesetzänderung vorstellen, um so die vom Bundesverfassungsgericht beanstandete Mischverwaltung zu retten. Bisher wollte sie genau das nicht.