Immer mehr Huren in Deutschland kommen aus dem Ausland. 80 Prozent von ihnen müssen an Zuhälter zahlen.

Brüssel. In Deutschland sind Prostituierte aus dem Ausland auf dem Vormarsch. 63 Prozent der in Deutschland tätigen Huren sind Ausländerinnen (1999: 52 Prozent). Davon stammen 70 Prozent aus Zentral- und Osteuropa, 15 Prozent aus Asien, zehn Prozent aus Lateinamerika und nur fünf Prozent aus Afrika. Dies ergab eine von der EU-Kommission mitfinanzierte Studie des renommierten Amsterdamer Instituts Tampep zur "Prostitution in Europa".

Zum Vergleich: 2003 kam nur jede zweite ausländische Prostituierte aus Ländern wie Bulgarien oder Tschechien. Gleichzeitig war der Anteil lateinamerikanischer (20 Prozent) und afrikanischer Huren (zehn Prozent) deutlich höher. "Dieser Wechsel ist ein Ergebnis der EU-Erweiterung, die zu mehr Mobilität in den neuen Mitgliedstaaten geführt hat", heißt es in der Studie.

87 Prozent der Prostituierten bieten in Deutschland ihre Dienste in "geschlossenen Räumen" an. Dabei sind Massagesalons, wo vor allem Frauen aus Thailand arbeiten, immer beliebter. Im EU-Durchschnitt verkehren 66 Prozent der Prostituierten in geschlossenen Räumen. Dabei gibt es starke regionale Unterschiede: Während in Nord- und Osteuropa Klubs, Bars und Apartments klar dominieren (73 Prozent), kommt es in Südeuropa in fast jedem zweiten Fall im Freien zu sexuellen Kontakten. Vor fünf Jahren fanden im Süden sogar noch 80 Prozent der Prostitution auf Straßen, Parkplätzen und in Wäldern statt. Schärfere Gesetze sind nach Ansicht der Studie für das veränderte Prostitutionsverhalten verantwortlich.

Insgesamt sind 87 Prozent aller Prostituierten in der EU weiblich, sieben Prozent männlich, sechs Prozent sind Transsexuelle.

Die Hochburg der Transsexuellen ist der Süden Europas: Fast jeder zehnte Anbieter von gewerblichem Sex ist hier ein Transsexueller - in Osteuropa ist es dagegen nur ein Prozent.

Jede fünfte Prostituierte in der EU stammt aus Rumänien (zwölf Prozent) und Bulgarien (sieben Prozent). Vor vier Jahren kamen die meisten Huren noch aus Russland und der Ukraine. "Diese Entwicklung liegt vor allem im Beitritt Rumäniens und Bulgariens im Jahr 2007 begründet", heißt es in der Studie. Besonders stark sind in der EU auch Prostituierte aus Nigeria (sieben Prozent) und Brasilien (fünf Prozent) vertreten. Dabei arbeiten die ausländischen Prostituierten vor allem im Westen Europas: In Spanien und Italien sind 90 Prozent der Huren ausländischer Herkunft, in Griechenland 73 Prozent und in Finnland 69 Prozent. Ganz anders sieht die Entwicklung in Ost- und Mitteleuropa aus: In der Slowakei, Rumänien und Bulgarien stammen 98 Prozent der Prostituierten aus dem eigenen Land, in Litauen sind es 90 Prozent und in Polen 66 Prozent. Angehörige ethnischer Minderheiten, wie Roma, sind besonders stark auf den sogenannten Straßenstrichs vertreten. Die soziale Situation der Prostituierten gilt in ganz Europa als prekär, dabei geht es einheimischen Huren aber deutlich besser als ihren ausländischen Kolleginnen. Laut Studie leiden die Anbieter von gewerblichem Sex insbesondere unter Diskriminierung, mangelhaftem Sozialschutz und unter Gewalt. "Eine bemerkenswerte Zahl der Frauen wird von Kunden (zehn Prozent), der Polizei (sechs Prozent) und Zuhältern (sieben Prozent) bedroht. In der EU müssen zudem 43 Prozent der einheimischen und 57 Prozent der ausländischen Prostituierten einen beträchtlichen Teil ihres Lohnes an Dritte abgeben. In Deutschland ist die Situation noch dramatischer: Immerhin 65 Prozent der deutschen Prostituierten und 80 Prozent der Ausländerinnen werden gezwungen, Geld an Zuhälter abzuführen.

Laut Studie stehen Prostituierte "unter dem permanenten Druck vieler Kunden und Barbesitzer, auf Kondome zu verzichten". Diesem Druck könnten viele Frauen aus Wettbewerbsgründen oftmals nicht widerstehen.