Berlin/Kabul. Afghanistans Präsident Hamid Karsai hat den Einsatz der Bundeswehr in seinem Land gelobt, den Verbündeten zugleich aber auch Versäumnisse vorgeworfen. Erst jetzt habe der Westen erkannt, dass sich der Kampf gegen die Rückzugsgebiete und Unterstützer von Terroristen richten müsse, sagte Karsai dem "Spiegel". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte einen Abzug aus Afghanistan vor Erreichen der internationalen Ziele ab.

Karsai sagte über den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan: "Die Deutschen haben sich nichts vorzuwerfen, sie haben ihre Sache gut gemacht." Dass auf deutschen Befehl hin bei der Bombardierung zweier Tanklastwagen Anfang September in der Provinz Kundus Zivilisten getötet wurden, habe die Beziehung zu Deutschland nicht eingetrübt. "Keine andere Regierung hat sich so um die zivilen Opfer gekümmert wie die deutsche", sagte Karsai. Er begrüßte das Umdenken seiner westlichen Partner, das sich bei der Afghanistan-Konferenz am Donnerstag in London gezeigt habe. Die Staatengemeinschaft habe "endlich" begriffen, wie wichtig ein Aussöhnungsprogramm mit den Taliban sei, sagte Karsai. Die Teilnehmer der Londoner Konferenz hatten sich unter anderem auf ein Aussteiger-Programm für Taliban-Kämpfer geeinigt, für das 500 Millionen Dollar zugesagt wurden.

Die Tauglichkeit der neuen Afghanistan-Strategie wird sich nach Ansicht von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bereits in wenigen Monaten zeigen. "Im Herbst 2010 müssten wir absehen können, ob wir Erfolg haben werden", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Wir müssen Erfolg haben." Merkel schloss einen vorzeitigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan aus. "Ein Abzug ohne das Erreichen unserer Ziele und obendrein ein deutscher Alleingang wäre keine Übergabe in Verantwortung, sondern eine Aufgabe in Verantwortungslosigkeit", sagte Merkel der "Welt am Sonntag".

Die Kanzlerin räumte außerdem ein, dass die deutschen Soldaten "verstärkten Angriffen ausgesetzt" seien. Im Norden Afghanistans habe sich die Sicherheitslage zwar in einigen Distrikten verbessert, in anderen aber deutlich verschlechtert.