Berlin. Der Druck auf die schwarz-gelbe Koalition im Streit über Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach wächst. Die Spitze des Bundes der Vertriebenen (BdV) berät heute in einem Berliner Hotel über ihre Strategie. Steinbach fordert von der Bundesregierung, dass sie ihr Vetorecht bei der Besetzung des Stiftungsrats der neuen Vertriebenen-Gedenkstätte aufgibt. In diesem Fall würde Steinbach darauf verzichten, den vakanten dritten Sitz für ihren Verband in dem Gremium zu beanspruchen. "Die Gespräche laufen", hieß es gestern aus der Unionsfraktion. Steinbach hat der Bundesregierung eine Frist bis Ende Januar gesetzt.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) lehnt Steinbachs Berufung wegen massiver Kritik aus Polen ab. Die CDU-Bundestagsabgeordnete hatte die Oder-Neiße-Grenze 1991 im Bundestag nicht anerkannt. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU), die FDP-Vorsitzende Birgit Homburger und CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich suchen seit mehreren Tagen nach einem Ausweg. Während CDU wie FDP darauf pochen, dass der Bund seinen Einfluss auf die Besetzung des 13-köpfigen Stiftungsrats behält, verlangt die CSU, dass der BdV selbst über seine Mitglieder im Rat entscheiden kann.

Ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages kommt allerdings zu dem Schluss, dass die Bundesregierung eine Bestellung Steinbachs in den Rat der Stiftung aus außenpolitischen Gründen ablehnen darf. Zwar sei es der Regierung untersagt, die Benennung einer "berechtigten Gruppe von vornherein oder ohne nachvollziehbare Begründung abzulehnen", heißt es in dem von den Grünen in Auftrag gegebenen Gutachten, das der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vorliegt. Das verstieße gegen das Willkürverbot. Doch habe im gesamten Gesetzgebungsverfahren die "außenpolitische Brisanz der Errichtung der Stiftung eine herausragende Rolle" gespielt. Daher entspreche es Sinn und Zweck des der Stiftung zugrunde liegenden Gesetzes, der für die Pflege der auswärtigen Beziehungen zuvörderst zuständigen Bundesregierung das Recht einzuräumen, bei der Besetzung der Stiftungsgremien eine benannte Person mit Hinweis auf drohende Nachteile für die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland abzulehnen. Sie müsse allerdings ihre Ablehnung "auf eine nachvollziehbare Begründung stützen".

Die Vertriebenen-Präsidentin hatte sich am Wochenende zuversichtlich gezeigt, dass in den nächsten Tagen eine konstruktive Lösung gefunden werden kann. Am 5. Januar hatte sie der Regierung einen Forderungskatalog vorgelegt. Steinbach verlangt neben mehr Eigenständigkeit bei der Besetzung auch eine Aufstockung der Zahl der BdV-Vertreter in dem Stiftungsrat. Das Archiv für Lastenausgleich in Bayreuth soll zudem an die Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" in Berlin angedockt werden. In dem Stiftungsrat der Gedenkstätte, die an Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg erinnern soll, sind Bundesregierung, Bundestag, die Kirchen, der Zentralrat der Juden und Verbände vertreten.