Die Bilder bewegen und berühren. Sie treiben uns Tränen in die Augen. Es sind Tränen der Trauer und der Wut: die Menschen auf den Trümmern ihrer Häuser, unter denen die Ihren begraben sind. Sie erheben ihre Hände zum Himmel. "Gott - warum? Warum lässt du das zu?"

Zu den Bildern aus Haiti treten die anderen der vielen seelisch und körperlich Verletzten auf dieser Erde. Gibt es Antworten auf diese Frage? Von wem wollen wir sie hören? Auf jedem Fall nicht von Besserwissern, die schnell bei der Hand sind. Der Respekt vor den Leidenden muss jede flotte Rede verbieten.

Was kann der Christenmensch über seine Trauer und sein tätiges Mitleid hinaus machen? Bei aller Ratlosigkeit muss er doch auf ein anderes Bild hinweisen. Es zeigt den Menschen am Kreuz, erschöpft, am Ende. Sein Ruf: "Mein Gott, warum hast du mich verlassen?" ist der Schrei der Menschen, seit es Menschen gibt. Der Schrei geht nicht ins Leere. Gott selber, unendlich und unbegreiflich, geht am Ende mit ihnen.

Das Kreuz ragt in den Himmel. Es soll Hoffnung stiften auf eine heile Welt. Bei allem Schönen und Wunderbaren steht das Grauen vor der Tür, alles Gute im Menschen wird immer wieder durch Böses bedroht. Gott lässt die Prozesse dieser Welt ihren Lauf nehmen, mit allen Katastrophen. Aber er mischt sich ein, nicht von außen, sondern von innen. So glaube ich, dass die Opfer von Haiti jetzt Gott schauen. Mit den Lebenden will ich kämpfen: um einen neuen Anfang, um Gerechtigkeit, um ein gesundes Haiti.