Konstruktives Treffen nach scharfer Kritik am Bundeswehr-Einsatz. Beide wollen eine breite Debatte über den Einsatz der Bundeswehr.

Berlin. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Bischöfin Margot Käßmann wollen in Kürze gemeinsam deutsche Soldaten in Afghanistan besuchen. Bei einer gut halbstündigen Begegnung der beiden ging es gestern in Berlin um die Kritik der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am militärischen Engagement der Bundeswehr. Dabei sprachen sich beide für eine breitere Debatte über den Afghanistan-Einsatz aus. Sie vereinbarten eine Fortsetzung des Austauschs. Beide erklärten im Anschluss, es bestehe Einigkeit, dass für die Soldaten der Rückhalt der Gesellschaft wichtig sei. Eine offene Debatte könne dem nur dienlich sein. Käßmann legte zudem Wert auf die Feststellung, dass es sich um eine Begegnung auf Augenhöhe gehandelt habe.

Auslöser der Einladung Guttenbergs an die einflussreiche Protestantin waren deren kritischen Äußerungen zum Afghanistan-Einsatz zum Jahreswechsel gewesen. In der Folge war das Treffen verabredet worden. Käßmann sagte, sie habe dem Minister bei dem Treffen die Sorge der evangelischen Kirche darstellen können, dass das Verhältnis von militärischem und zivilem Einsatz nicht mehr stimme, wenn vor allem über Truppenaufstockungen diskutiert werde, nicht aber über die Verstärkung des zivilen Engagements. Aus Sicht der Kirche müsse über eine "klare Abzugsstrategie" gesprochen werden. Zudem sei zu lange über die Ziele des Einsatzes geschwiegen worden. Die Kirche müsse aber auch hören, "was ein Minister und andere aus der Bundeswehr zu ihrer Einschätzung zu sagen haben, räumte sie ein: "Das ist dann ein kritischer, demokratischer Dialog zwischen Kirche und Staat." Guttenberg nehme die Dilemmata durchaus wahr, die sie angesprochen habe, sagte Käßmann. "Als kirchliche Seelsorger sehen wir ja auch die Nöte der Soldaten und ihrer Familien", sagte sie. Es sei Aufgabe der Kirche, die Friedensfrage zu stellen. Dies akzeptiere Guttenberg.

Die hannoversche Landesbischöfin hatte zu Weihnachten in einem Zeitungsinterview gesagt, nach den Maßstäben der Evangelischen Kirche in Deutschland sei "dieser Krieg so nicht zu rechtfertigen", und in ihrer Neujahrspredigt ergänzt: "Nichts ist gut in Afghanistan." Danach musste sich Käßmann deutliche Kritik aus der Politik gefallen lassen. Zuletzt warf ihr der Bundestags-Wehrbeauftragte Reinhold Robbe (SPD) im "Spiegel" Naivität und "populistische Fundamentalkritik" vor. Es sei naiv, in Afghanistan mit "Gebeten und Kerzen" Frieden schaffen zu wollen. Als Konsequenz wollen Guttenberg und Käßmann den gegenseitigen Kontakt jetzt intensiver gestalten.

Gesprächsthema könnte auch eine neue Umfrage sein, wonach sich das Ansehen Deutschlands in Afghanistan nach dem von der Bundeswehr angeordneten Luftangriff bei Kundus mit zahlreichen zivilen Opfern spürbar verschlechtert hat. In den Provinzen des Nordens und Nordostens, wo die Einsatzgebiete der Bundeswehr liegen, sank der Anteil derer, die ein positives Bild von Deutschland haben, um elf Punkte auf 63 Prozent. Der Anteil der Afghanen mit einem negativen Bild von Deutschland stieg um 17 Punkte auf 31 Prozent. Für die Erhebung von ARD, dem US-Sender ABC und der britischen BBC waren 1554 Afghanen befragt worden.