Alle Forderungen an die Regierung wird die streitbare Präsidentin des Bundes der Vertriebenen aber kaum durchsetzen können.

Berlin. Die Bundeskanzlerin hält sich weiter heraus. Angela Merkel (CDU) wird sich auch angesichts des von Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach am Dienstag vorgelegten Kompromissangebots nicht in den Streit über die Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" einschalten. Der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans verwies gestern darauf, dass sich Kulturstaatsminister Bernd Neumann im Kanzleramt um das Thema kümmere und dass Neumann jetzt Gespräche mit den Fraktionsvorsitzenden im Bundestag über die Forderungen Steinbachs aufnehmen werde.

Die Bundesregierung ist die Geldgeberin des insbesondere in Polen umstrittenen Projekts, das im Dezember 2008 per Gesetz durch den Deu tschen Bundestag beschlossen wurde. Im Gesetzestext heißt es, Zweck der Stiftung sei es, die Erinnerung und das Gedenken an Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhundert "im historischen Kontext des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Expansions- und Vernichtungspolitik und ihrer Folgen wachzuhalten". Und zwar "im Geiste der Versöhnung".

Da liegt es gewissermaßen in der Natur der Sache, dass die Bundesregierung die Kontrolle über die Stiftung nicht aus der Hand geben wird. Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist bekanntlich besser, und keine Bundesregierung - weder die gegenwärtige noch irgendeine künftige - wird sich vorstellen wollen, dass die von Deutschlands östlichen Nachbarn mit Argusaugen beäugte Stiftung irgendwann von revanchistischen Kräften unterwandert wird. Das muss auch Erika Steinbach klar sein, deren Maximalforderung lautete, die Bundesregierung müsse ihr Veto-Recht im Besetzungsverfahren für den Stiftungsbeirat aufgeben. Der Bund der Vertriebenen (BdV) wolle eine "zukünftige politische Bevormundung ausschließen".

Dennoch kehrte in der Causa Steinbach gestern relative Ruhe ein. Der Vorsitzende der Jungen Liberalen und FDP-Bundestagsabgeordnete Johannes Vogel erklärte zwar, er persönlich könne nicht erkennen, "wie es dem Anliegen der Versöhnung dienlich sein sollte, die Entscheidungskompetenz der Bundesregierung zu beschneiden", aber die FDP-Spitze, die sich in Stuttgart zum traditionellen Dreikönigstreffen der Liberalen versammelt hatte, hielt sich zurück. Dafür sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe, Steinbachs Angebot müsse jetzt "mit der gebotenen Aufgeschlossenheit und Fairness geprüft werden". Am Ende, so Gröhe, gelte die Weisheit, "wo ein Wille ist, ist auch ein Weg". CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt nannte Steinbachs Angebot "sehr honorig". Er legte FDP-Chef Guido Westerwelle nahe, sich "ganz schnell" auf die Vertretung deutscher Interessen zu besinnen. Der Außenminister hatte mehrfach erklärt, er werde im Kabinett sein Veto einlegen, wenn der BdV Erika Steinbach für einen Sitz im Stiftungsrat benenne.

Ihren endgültigen Verzicht will sich die CDU-Politikerin Steinbach nun teuer abhandeln lassen. Abgesehen von der Abschaffung des Veto-Rechts fordert sie mehr als drei Sitze im 13-köpfigen Stiftungsrat für die Vertriebenen. Auch verlangt sie, das Lastenausgleichsarchiv in Bayreuth dem BdV anzugliedern und die vom Bund zur Verfügung gestellte Fläche für die geplante Dauerausstellung im Berliner Deutschlandhaus signifikant zu vergrößern. Schließlich will Steinbach erreichen, dass die Stiftung aus der Trägerschaft des Deutschen Historischen Museums herausgelöst wird. Das brachte den Direktor des Museums gestern auf die Palme. Von "blankem Unsinn" sprach Hans Ottomeyer, der qua Amt selbst im Stiftungsrat sitzt.

Bleibt hinzuzufügen, dass die Bundesregierung für die Herrichtung des Deutschlandhauses 14 Millionen Euro bereitgestellt hat und dass sie für Miet-, Personal- und Sachausgaben jährlich weitere 2,5 Millionen Euro zu zahlen bereit ist. Schon deshalb wird Erika Steinbach wissen, dass sie ihre Forderungen deutlich zurückschrauben muss.