Berlin. SPD-Chef Sigmar Gabriel hat die Deutschen zum Widerstand gegen die Finanzpolitik der schwarz-gelben Bundesregierung aufgerufen. "Wir brauchen eine Bürgerbewegung gegen den Staatsbankrott in Deutschland", sagte Gabriel. Es gehe jetzt darum, die "wahnsinnigen Steuerpläne" von Schwarz-Gelb zu stoppen. "Wir werden gemeinsam mit all denen, die sich in Deutschland noch für das Gemeinwohl interessieren, dagegen protestieren."

Die erste Stufe der Steuerreform, die erst nach zähem Ringen durch den Bundesrat kam, sei nur ein "leiser Windhauch" im Vergleich zu dem, was noch komme. Am Ende werde das Geld in den Länderhaushalten, im Bildungsbereich und bei den Kommunen eingespart werden müssen. Gabriel kritisierte zudem, dass der Bund sich über nötige Sparmaßnahmen an anderer Stelle ausschweige. Würde die Regierung mit einer Offenlegung ihrer Pläne bis nach der Landtagswahl in NRW warten, bereite sie "einen Wahlbetrug vor", so sein Vorwurf.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe regierte prompt. "Sigmar Gabriel scheinen die Feiertage nicht gut bekommen zu sein", sagte er dem Hamburger Abendblatt. "Sein Vorwurf des Wahlbetrugs ist aberwitzig und entbehrt jeder Grundlage. Statt lautstark auf die Polemikpauke zu hauen, sollte sich der SPD-Vorsitzende lieber einmal um seine eigene Partei kümmern - da gibt es mehr als genug zu tun", so Gröhe weiter. "Man kann nur hoffen, dass Gabriel den Jahreswechsel zur Besinnung nutzt und im neuen Jahr endlich mit einer konstruktiven Oppositionsarbeit beginnt."

Allerdings schloss der Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier (CDU), nicht aus, dass im Jahr 2011 die Sozialabgaben tatsächlich steigen. Die Bundesregierung habe nur für das kommende Jahr steigende Abgaben ausgeschlossen, sagte Altmaier im Deutschlandradio. "Was 2011 sein wird, kann kein Mensch zum jetzigen Zeitpunkt seriös beurteilen."

Dabei verwies Altmaier auf die Steuerschätzung im Mai, die "ganz entscheidend" für die Frage der Handlungsoptionen des Staates werde.

Der FDP-Vorsitzende und Vize-Regierungschef Guido Westerwelle reagierte unterdessen auf die scharfe Kritik des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) an den vor Weihnachten beschlossenen Steuersenkungen. Er erinnerte daran, dass Lammert in der vergangenen Legislaturperiode nichts Kritisches zu den von der Großen Koalition beschlossenen Steuermilliarden für den US-Autokonzern General Motors gesagt habe, und machte eine andere Rechnung auf: "Die letzte Regierung kümmerte sich um Großkonzerne, die neue Regierung kümmert sich mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz um Familien, Arbeitnehmer und den Mittelstand. Das ist ökonomisch klug und sozial gerecht." Auch die von Lammert bemängelte Mehrwertsteuerermäßigung für die Hotellerie verteidigte der FDP-Vorsitzende. Er wies darauf hin, dass es solch eine Regelung in 22 von 27 EU-Ländern gebe. Lammert hatte von "schlicht misslungenen" Regelungen gesprochen.