München. Der Mordprozess gegen den mutmaßlichen KZ-Wachmann John Demjanjuk wird nicht vorzeitig eingestellt. Das Landgericht München wies gestern einen entsprechenden Antrag der Verteidigung als unbegründet zurück. Der wohl letzte große Prozess um Nazi-Verbrechen werde auch weder ausgesetzt noch werde der Haftbefehl gegen den 89-jährigen gebürtigen Ukrainer aufgehoben. Demjanjuks Anwalt Ulrich Busch scheiterte damit zunächst mit seiner Taktik, den Prozess zu verzögern.

Die Staatsanwaltschaft wirft Demjanjuk, der im Zweiten Weltkrieg in deutsche Gefangenschaft geriet und für die Nazis im Vernichtungslager Sobibor im heutigen Polen als Wächter gearbeitet haben soll, Beihilfe zum Mord an 27 900 Menschen vor, die meisten davon Juden. Er soll Kinder, Frauen und Männer in die Gaskammern getrieben haben. Demjanjuk bestreitet die Vorwürfe. Sein Anwalt stellt ihn selbst als Opfer der Nazis dar, weil er ihnen habe dienen müssen, um nicht selbst getötet zu werden.

Demjanjuk verfolgte das Verfahren gestern zunächst im Rollstuhl und äußerte sich erneut nicht. Nach der Mittagspause klagte er nach Angaben des Gerichtsarztes über starke Rückenschmerzen. Deshalb wurde für den Angeklagten extra ein Bett im Gerichtssaal aufgebaut.

Zwölf Nebenkläger schilderten dem Gericht teils mit Tränen in den Augen und brüchiger Stimme, wie sie den Holocaust überlebten. Meist konnten sie sich als kleine Kinder bei Freunden oder Verwandten verstecken, verloren aber zahlreiche Angehörige. Der 87-jährige Philip Jacobs, der von Helfern gestützt in den Zeugenstand geleitet wurde, sagte, ihn plage noch immer ein Schuldgefühl, weil er überlebt habe, während seine Eltern und seine Verlobte umkamen. "Sobibor ist eine ungeheilte Wunde für mich", sagte er.

Demjanjuks Anwalt Busch kritisierte, keiner der Nebenkläger sei Tatzeuge, alle seien weit vom Tatort entfernt gewesen. Ihre Vernehmung stütze die Vorwürfe nicht, der Angeklagte sei ihnen nicht bekannt.