Berlin. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ein neues Konzept zur Sicherungsverwahrung angekündigt. "Wir haben in der Koalition vereinbart, das komplizierte System der Sicherungsverwahrung in einem in sich schlüssigen Konzept zu harmonisieren", sagte die FDP-Politikerin der "Bild"-Zeitung. Leutheusser-Schnarrenberger erklärte, man werde auf rechtsstaatlicher Grundlage "den notwendigen Schutz der Bevölkerung vor notorisch gefährlichen Straftätern mit dem unbedingten Ausnahmecharakter der Sicherungsverwahrung zum Ausgleich bringen". Das EU-Urteil sei ein Einzelfall. Der Gerichtshof habe das deutsche System der Sicherungsverwahrung nicht infrage gestellt.

Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Jerzy Montag, sagte dem "Tagesspiegel": "Der Gerichtshof hat den Vollzug der Verwahrung in Deutschland kritisiert. Das ist zunächst mal eine Rüge für die Länder, die dafür zuständig sind. Sie sollten jetzt eigene Vollzugsgesetze erlassen. Wichtig ist, dass die Betroffenen endlich psychologisch betreut werden." Auch der Bundesgesetzgeber sei gefordert: "Die ständig steigende Zahl Verwahrter muss wieder abnehmen. Sie steht außer Verhältnis zur tatsächlichen Bedrohung", sagte Montag. "Es gibt immer weniger schlimme Sexualverbrechen oder Kindstötungen, die Höchstzahlen hatten wir in den Fünfzigerjahren."

Der Gerichtshof für Menschenrechte hatte einem Häftling recht gegeben und die Bundesrepublik zu Schadenersatz verurteilt. Die gegen den zuletzt 1986 verurteilten Mann verhängte Sicherungsverwahrung hätte nicht nachträglich verlängert werden dürfen.