Neue Details in der Kundus-Affäre: Die Bundeswehr soll den umstrittenen Luftangriff auf zwei Tanklastwagen gefilmt haben.

Berlin. Bei der Bombardierung von zwei Tanklastzügen in Afghanistan standen dem deutschen Oberst Georg Klein laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung nicht nur die Bilder aus den US-Kampfjets zur Verfügung. Wie das Blatt berichtet, filmte auch eine Kamera der Bundeswehr mit. Demnach wurden diese Bilder nicht aus der Luft, sondern vom Boden aus aufgenommen. Dass die Bundeswehr in der Nacht vom 4. September über „bodengestützte Aufklärungsmittel“ verfügte, war bislang nicht bekannt. Das Video zeigt laut „Bild“-Zeitung die Momente vor der Explosion, den Feuerball und mehrere Minuten nach der Explosion.

Bei dem von der Bundeswehr in den frühen Morgenstunden des 4. September angeordneten Luftangriff waren nach NATO-Angaben bis zu 142 Menschen getötet worden, darunter auch Zivilisten. Laut „Bild“-Zeitung lagen im Einsatzführungskommando in Potsdam zuvor schon Videobilder vor, die der B1-B-Bomber der US-Armee aufgenommen hatte. Auf den Bildern waren demnach eindeutig sowohl Menschen mit Waffen wie Kalaschnikows zu erkennen, aber ebenso Unbewaffnete, die somit nicht sicher den radikalislamischen Taliban zuzurechnen waren.

Der Luftangriff beschäftigt seit Wochen die Öffentlichkeit. Es geht dabei vor allem um zwei Fragen: Wurden wichtige Informationen über getötete Zivilisten unterdrückt? Und ging es bei dem Angriff auch um die gezielte Tötung von Taliban-Rebellen? Weil ihm vorgeworfen wurde Berichte über zivile Opfer verschwiegen zu haben, trat der ehemalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) bereits zurück. Auch der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gerät zunehmend unter Druck. Anfang November hatte er bereits Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert entlassen. Guttenberg wirft vor allem Schneiderhan vor, ihm wichtige Informationen vorenthalten zu haben. Schneiderhan bezichtigte Guttenberg daraufhin, die Sache falsch darzustellen. Er habe keine wichtigen Akten unterschlagen. "Das finde ich inzwischen ehrenrührig", sagte Schneiderhan. Unterschlagen habe für ihn "den Geschmack des Vorsatzes", diesen habe es aber nicht gegeben.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), hat Schneiderhan aufgefordert, die Auseinandersetzung mit dem Verteidigungsminister „nicht eskalieren zu lassen“. Das sei auch „im Interesse Schneiderhans selbst“, sagte der CDU-Politiker der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. Zugleich bescheinigte Polenz dem früheren General „hohe fachliche Kompetenz und Sachlichkeit“. Diesen Ruf dürfe er nicht gefährden.

Was die gezielte Tötung von Gegnern, wie sie angeblich beim Luftangriff in Kundus stattgefunden hat, betrifft, so ist sie einem Bericht zufolge nicht vom Bundestags-Mandat für Afghanistan gedeckt. Dies berichtet die „Leipziger Volkszeitung“ unter Berufung auf das Verteidigungsministerium. Eine gezielte Liquidierung von Zielpersonen sei demnach nicht mit dem Mandat vereinbar. Das Ministerium stellte zudem klar, dass Zivilpersonen in Afghanistan nur mit militärischer Gewalt angegriffen werden können, „sofern und solange sie unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen“. Allerdings mache die Gefechtslage in Afghanistan „den Einsatz tödlich wirkender Waffen unumgänglich“.