Berlin. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg bleibt in der Kundus-Affäre unter Druck. Der CSU-Politiker könne nicht einen hochverdienten General feuern und die Unwahrheit sagen - nur, um in der Öffentlichkeit gut auszusehen, kritisierte SPD-Chef Sigmar Gabriel im ZDF. Selbst vom eigenen Parteivorsitzenden erhielt Guttenberg nur verhalten Rückendeckung.

"Ich bin sehr, sehr vorsichtig mit Kommentierungen zur jeweiligen Tagesaktualität, weil man nie weiß, wie lange das wieder trägt", sagte CSU-Chef Horst Seehofer dem Sender n-tv über die wechselnden Informationen in der Affäre. Guttenberg müsse nun die Nerven bewahren.

Gabriel wies Vorhaltungen Guttenbergs zurück, die Opposition habe genau so früh Kenntnis von den Vorgängen gehabt wie er und agiere daher unredlich. Es sei eine ziemliche Unverfrorenheit, die Abgeordneten bei der Unterrichtung über den Luftangriff zum Schweigen zu verpflichten und später zu sagen, "ich habe es euch doch gesagt, warum habt ihr es denn der Öffentlichkeit nicht erklärt".

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte im Deutschlandfunk, Guttenberg habe den Grund für die Empörung nicht verstanden. Die Kernfrage sei, ob der Minister den Bundestag und die Öffentlichkeit bei der Entlassung von Staatssekretär Peter Wichert und Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan korrekt informiert habe. "Da stehen die Aussagen hart gegeneinander. Beide Seiten können nicht gleichzeitig recht haben", sagte Steinmeier.

Die Bundesbürger folgen den Vorwürfen nicht: 67 Prozent sind nach einer Emnid-Umfrage für den Sender N24 der Ansicht, zu Guttenberg trage an der Kundus-Affäre keinerlei Mitschuld. Nur 24 Prozent teilen die Kritik am neuen Minister. Darüber hinaus geben 71 Prozent an, sie hätten Verständnis für die Entscheidung des Bundeswehr-Oberst, den Befehl zum Bombardement der beiden von den Taliban gekaperten Tanklastzüge zu geben.

Der "Stern" zitierte unterdessen aus Schneiderhans Rücktrittsgesuch an Guttenberg: Danach räumte der General ein, dass dem Minister nicht das komplette Informationsmaterial über das Bombardement zur Verfügung gestellt wurde. In der Erklärung Schneiderhans vom 25. November heiße es, Guttenberg habe seine Erklärung vom 6. November zu dem Angriff "auf der Grundlage des (Nato-)Abschlussberichtes Com-Isaf abgegeben". "Andere Zwischenberichte, Berichte und Meldungen wurden Ihnen nicht vorgelegt. Dafür übernehme ich die Verantwortung."

Guttenberg hatte am 6. November den Angriff als "militärisch angemessen" bezeichnet, diese Einschätzung jedoch später mit dem Hinweis auf nicht vorliegende Berichte korrigiert.

Nach Einschätzung des Wehrbeauftragten Reinhold Robbe (SPD) bedroht die Affäre das Vertrauen der Soldaten in die politische Führung der Bundeswehr. Noch stehe die Truppe uneingeschränkt hinter der politischen Führung, sagte Robbe der "Bild"-Zeitung. Es müsse jedoch allen klar sein, "dass dieses Vertrauen der Soldaten nicht verspielt werden darf".