Hamburg. Mehr als neun Millionen Euro haben Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes durch doppelte Kindergeldanträge ergaunert. Der Schaden ist laut Bundesrechnungshof wohl noch größer, da bisher nur Einzelne der für das Kindergeld zuständigen Familienkassen unter die Lupe genommen worden seien. Bisher geht es um 1306 Fälle, in denen Kindergeld von verschiedenen Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit (BA) und zugleich von denen des öffentlichen Dienstes bezogen wurde. Doch die Zahl dürfte noch erheblich größer werden. So weiß die BA selbst von 1577 Fällen, in denen elf Millionen Euro zu viel gezahlt wurden. "In 209 Fällen haben wir auch Strafanzeige erstattet", sagte Kurt Eikemeier von der Bundesarbeitsagentur dem Abendblatt. Der Trick, der wegen ungenügend geschulter Mitarbeiter oder fehlender Daten den Betrügern leicht gemacht wird, funktioniert so: Ein Elternteil beantragt sowohl bei der Familienkasse der BA als auch bei einer des Arbeitgebers das Kindergeld, zum Beispiel der Feuerwehr in Hamburg. Oder sowohl Vater als auch Mutter beantragen für ein und dasselbe Kind Kindergeld - der eine bei der BA, der andere bei der jeweiligen Familienkasse des öffentlichen Dienstes.

In Hamburg sind trotz 40 000 verschiedener Kindergeldzahlungen nur 38 Fälle bekannt, in denen doppelt kassiert wurde. "Der Rückforderungsbetrag beläuft sich auf 300 000 Euro", sagte Klaus Schimitzek, Geschäftsführer des Zentrums für Personaldienste, dem Abendblatt. "Es gab deutlich mehr Verdachtsfälle." Als "nicht hinnehmbar" rügt der Bundesrechnungshof, dass nicht einmal das Bundesfinanzministerium alle Familienkassen kennt. "Ein Datenabgleich zwischen den Kassen findet nicht oder nur sporadisch statt." Der Vorwurf ist gewichtig: Denn durch die teilweise über Jahre zu viel gezahlten Gelder gingen der Staatskasse Millionen verloren.

Die BA hat 102, der öffentliche Dienst 12 000 Familienkassen. Sie zahlten 2008 für gut 18 Millionen Söhne und Töchter 33,4 Milliarden Euro Kindergeld aus. Dass es überhaupt so viele Familienkassen gibt, hängt mit der kommunalen Zuständigkeit zusammen, wie ein Sprecher des Deutschen Beamtenbundes erklärte. Der Rechnungshof bemängelte, dass in einigen Fällen bereits Kindergeld gezahlt wurde, obwohl ein Mitarbeiter nur seine Personalangaben aktualisiert hatte, er also nur mitgeteilt hatte, dass er Vater geworden ist.

Bisweilen zahlten Familienkassen nach einem Umzug bereits automatisch, obwohl die vorher zuständige Kasse auch noch das Geld überwies. Die neue Steueridentifikationsnummer soll zukünftig Doppelzahlungen vermeiden und Betrüger entlarven.