Berlin. Die Bundestagsopposition aus SPD, Linkspartei und Grünen hat der neuen Bundesregierung nach der Kabinettsklausur in Meseberg eine Flucht vor drängenden Entscheidungen vorgeworfen. "Das war eine Klausur ohne neue Erkenntnisse und ohne jeglichen Fortschritt. Ich prophezeie: Der regierungsinterne Streit wird unverändert weitergehen", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Olaf Scholz, der auch Landesvorsitzender der Hamburger SPD ist, dem Abendblatt. "Das Nachsitzen in Meseberg hat daran nichts geändert."

Beispielhaft nannte Scholz die Steuersenkungspläne von Schwarz-Gelb. Diese seien eine "große Bedrohung für alle öffentlichen Haushalte". Der Protest aus den Ländern sei ebenso absehbar wie notwendig. In der Union ahnten auch schon einige, dass die von der FDP durchgesetzten Koalitionsvereinbarungen zur Gesundheit "auf keinen Fall umgesetzt werden dürfen", da sie die Axt an das Solidaritätsprinzip in der Krankenversicherung legten. Den ungelösten Streit um Erika Steinbach bezeichnete Scholz als "peinliche Hängepartie": "Frau Merkel hat in Meseberg die letzte Gelegenheit verpasst, eine gute Lösung zu präsentieren."

Der Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, sprach von einer "Gruppentherapie-Sitzung der Regierung Merkel/Westerwelle". Diese habe in Meseberg "den inneren Zusammenhalt der Koalition über das Wohl des Landes und der Menschen gestellt".

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin erklärte: "Wer geglaubt hat, dass in Meseberg Klarheit entstanden ist, der sah sich getäuscht." Die Koalition verwechsle offenbar Regieren mit Delegieren.