Berlin. Zwischen Union und FDP verschärft sich der Streit über eine große Steuerreform. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte, dafür fehle in den kommenden vier Jahren das Geld. Deshalb erwägt die FDP, im Alleingang einen Gesetzentwurf dafür zu machen. Der Bundestag beriet währenddessen erstmals über das geplante Gesetz zur Wachstumsbeschleunigung mit Milliardenentlastungen für Familien und Unternehmen.

Schäuble sagte der "Rheinischen Post": "Ein grundlegend neues Steuersystem ist nicht die Verabredung." Denn das sei nur mit einer gleichzeitig spürbaren großen Entlastung möglich. "Dafür fehlt in den kommenden vier Jahren das Geld." Die im Koalitionsvertrag beschlossenen Maßnahmen für 2010 und 2011 seien allerdings "ein erster Schritt dahin".

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Andreas Pinkwart stellte einen eigenen Gesetzentwurf der Liberalen für eine Steuerreform in Aussicht. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt kritisierte dagegen das dreistufige Steuermodell der FDP als "Theorie-Murks". Mit Steuersätzen von 15, 25 und 35 Prozent würden zu zwei Dritteln Einkommen im oberen Bereich entlastet, sagte Dobrindt in Berlin. Tatsächlich müssten die Steuern aber vor allem auf kleine und mittlere Einkommen gesenkt werden.

Massive Kritik äußerten auch die "Wirtschaftsweisen". Im neuen Gutachten heißt es nach einem Bericht der "Financial Times Deutschland", es gebe zwar langfristigen Handlungsbedarf bei der Einkommenssteuer, "aber in den kommenden Jahren nicht die Notwendigkeit für tarifbedingte Einkommenssteuerentlastungen.

Dagegen verteidigte Finanzminister Schäuble im Bundestag die Strategie der neuen Regierung, Bürger und Unternehmen zu entlasten und so das Wirtschaftswachstum zu beschleunigen. Ab Januar 2010 soll es pro Kind 20 Euro mehr Kindergeld monatlich geben. Der Kinderfreibetrag wird von derzeit 6024 auf 7008 Euro im Jahr angehoben. Für Unternehmen werden Steuerregelungen entschärft. Die Oppositionsfraktionen warfen der Koalition Klientelpolitik und einen finanzpolitischen Blindflug vor. Sie bezweifeln, dass Steuersenkungen die Wirtschaft ankurbeln.