Berlin. Premiere im Bundestag: Eine Reihe der neuen Kabinettsmitglieder hatten gestern in der Generaldebatte ihren ersten Auftritt als Minister und mussten sich gleich teils heftiger Kritik der Opposition stellen. Vor allem Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und Arbeitsminister Franz Josef Jung (CDU) lösten bei SPD, Grünen und Linken mit ihren Reden wütende Reaktionen aus. Nachdem Brüderle ganze neun Minuten zur schwersten Wirtschaftskrise des Landes gesprochen hatte, redete sich Noch-SPD-Generalsekretär Hubertus Heil in Rage. Brüderles wenige Sätze zur Krise bei Opel seien "eines Bundeswirtschaftsministers unwürdig". Zur Klima- und Energiepolitik habe Brüderle kein Wort verloren. "Das war ganz dünne Suppe", schimpft Heil. Der Wandel vom "Dampfplauderer" zum staatstragenden Politiker sei wohl schwerer als gedacht. Heil warnte Brüderle vor einer "Grußwort-Politik". Schwarz-Gelb fehle ein Konzept für die Wirtschaftspolitik.

In die gleiche Richtung zielte die Kritik an Arbeitsminister Jung. Sie entzündete sich vor allem an seiner Aussage: "Sozial ist, was Arbeit schafft." SPD und Linke entgegneten, danach wäre auch Sklavenarbeit sozial. Die Grünen warfen ihm vor, er habe einen "Restposten" im Kabinett abbekommen und mit Arbeitslosen bisher "nichts am Hut gehabt". Jung kündigte an: "Wir brauchen einen Arbeitsmarkt, der nicht Fesseln anlegt, sondern Freiraum für Beschäftigung schafft." Jetzt seien Wachstumsimpulse die richtigen Signale für mehr Beschäftigung.

Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger (FDP) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) kündigten in ungewohnter Einigkeit an, auf weitere Gesetzesverschärfungen erst einmal zu verzichten. "Es wird kein ,weiter so' mit dem Stakkato immer neuer Gesetze in der Sicherheitspolitik geben", sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Sie werde auch Gesetzesverschärfungen der vergangenen Jahre wieder zurücknehmen. Konkret nannte sie den Schutz des Berufsgeheimnisses etwa bei Anwälten und die Kronzeugenregelung. De Maizère will der gefühlten Unsicherheit im öffentlichen Raum eher mit Menschen als mit weiterer Kameraüberwachung begegnen. Mit Blick auf die vielfältigen Skandale kündigte er mehr Schutz für die Daten Einzelner an. "Da brauchen wir neue Antworten", sagte de Maizière.