Wohlfahrtsverbände schlagen Alarm: Die geplante Verkürzung der Wehrpflicht auf sechs Monate gefährdet nach ihrer Ansicht die Zukunft des dann ebenfalls nur noch ein halbes Jahr dauernden Zivildienstes.

Hamburg. Der Paritätische Wohlfahrtsverband bereitet sich bereits auf den Ausstieg aus dem Zivildienst vor, weil Wehrdienstverweigerer in nur sechs Monaten kaum vernünftig einzusetzen seien. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hält dennoch an ihren Plänen fest.

Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte, der Koalitionsvertrag von Union und FDP springe zu kurz. "Wir wollen die Wehrpflicht abschaffen", sagte Roth dem Abendblatt. "Sie ist ein unzeitgemäßer Eingriff in die Freiheit von jungen Männern, der durch die geringen Einberufungszahlen und die dadurch entstehende Wehrungerechtigkeit ohnehin unsinnig geworden ist." Roth betonte: "Statt eines Zivildienstes fordern wir die Stärkung eines Freiwilligen Sozialen Jahres mit entsprechenden größeren Anreizen für junge Menschen." Dazu zähle etwa eine an den Zivildienst angepasste Bezahlung sowie die Anrechenbarkeit bei der Studienbewerbung.

Auch Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) sprach sich für den Ausbau freiwilliger Dienste junger Leute aus. Was den Zivildienst betreffe, so sei es ihr wichtig, "die hohe Qualität zu erhalten und den Dienst weiter auszubauen". Sie kündigte eine Prüfung an, "ob eine freiwillige Verlängerung möglich ist". Stimmen, wonach der Zivildienst in einigen Bereichen der Wohlfahrtspflege vor dem Aus stehe, bezeichnete sie als Unkenrufe. Sie sehe die Arbeit der Zivis als Lerndienst. Diese Arbeit präge das Bild des modernen, fürsorglichen Mannes.

Zuvor hatte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, im "Kölner Stadtanzeiger" gewarnt, mit der Verkürzung werde der "Anfang vom Ende des Zivildienstes" eingeläutet. Allein im Rettungsdienst dauere die Ausbildung schon drei Monate. "Da bringen sechs Monate dann gar nichts mehr." Darüber hinaus könne es auch in der Pflege, in Kindergärten oder bei der Arbeit mit Behinderten den Menschen nicht zugemutet werden, "alle halbe Jahre die Bezugspersonen zu wechseln". Die Mitgliedsorganisationen des Verbands hätten bereits signalisiert, dass sie die Stellen dann zurückgeben und nicht mehr besetzen würden. Derzeit sind in Deutschland 76 000 Zivis im Einsatz.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Caritas und der Arbeiter-Samariter-Bund haben nach eigenen Angaben zwar keine Pläne zum Ausstieg aus dem Zivildienst. Auch sie kritisierten aber die Dienstzeitverkürzung scharf. "Bei einer so kurzen Einsatzzeit sind junge Menschen kaum in der Lage, sich so einzuarbeiten, dass sie die anspruchsvollen Aufgaben in der Pflege oder im Rettungsdienst leisten können", sagte der Sprecher des DRK-Landesverbandes Hamburg, Rainer Barthel, dem Abendblatt.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) stellte sich noch einmal hinter die Verkürzungspläne. Eine Dienstzeit von sechs Monaten sei "sinnvoll und nutzbringend", sagte er der "Bild"-Zeitung.