Demonstrativ hat der neue Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) seinen ersten Antrittsbesuch im Ausland in Warschau absolviert. Seine Vorgänger hatten sich zuerst in Paris vorgestellt.

Berlin/Warschau. Die Partnerschaft mit dem östlichen Nachbarn soll auf das gleiche Niveau wie die mit Frankreich gehoben werden. "Wir sind überzeugt, dass die Freundschaft zwischen unseren Ländern, unseren Völkern nicht nur gut ist für uns, sondern wichtig ist für Europa", sagte Westerwelle. Dabei solle die Vergangenheit nicht vergessen werden. Deutschland und Polen wollten die Zukunft gemeinsam bauen. Polens Außenminister Radoslaw Sikorski lobte die Beziehungen als "die besten in der Geschichte". Er begrüßte die Ankündigung Westerwelles, die Zusammenarbeit der beiden Staaten mit Frankreich im sogenannten Weimarer Dreieck wiederzubeleben. Westerwelle sprach Sikorski mit "lieber Radek" an, der polnische Gastgeber revanchierte sich mit "Guido".

Das strittige Thema der Ostsee-Pipeline blieb Sikorskis Worten zufolge von den Gesprächen ausgenommen. Im Konflikt um die Führung des geplanten Zentrums gegen Flucht und Vertreibung äußerte sich der FDP-Chef zurückhaltend. Auf die Frage, ob seine Partei eine Kandidatur der von Polen kritisierten Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach (CDU) unterstütze, sagte er, das Zentrum solle Versöhnung fördern. Deswegen werde die neue Bundesregierung alles tun, dieses Ziel nicht zu stören. Der Bund der Vertriebenen wird noch im November entscheiden, ob er einen neuen Versuch zur Platzierung Steinbachs im Stiftungsrat starten wird.

Die deutsch-polnischen Beziehungen waren lange Zeit angespannt. Führende polnische Politiker warnten unter anderem vor einer Revision der Grenzziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine maßgebliche Akteurin in diesen Bestrebungen sahen die Kritiker in Steinbach.

Präsident Lech Kaczynski, der Westerwelle nach dessen Treffen mit seinem polnischen Amtskollegen empfing, führte ihn nach einem Gespräch, das um eine Viertelstunde verlängert wurde, durch den Warschauer Präsidentenpalast. Das nationalkonservative Staatsoberhaupt zeigte dem Gast aus Deutschland den historischen Saal, wo 1989 die Beratungen zwischen Vertretern des kommunistischen Regimes und der demokratischen Opposition am runden Tisch stattgefunden hatten.

Heute reist Westerwelle zu weiteren Antrittsbesuchen in die Niederlande und nach Frankreich. In Den Haag sind Gespräche mit Außenminister Maxime Verhagen und Ministerpräsident Jan Peter Balkenende geplant. Anschließend wird er in Paris erwartet, wo zunächst ein längeres Gespräch und ein Mittagessen mit Außenminister Bernard Kouchner geplant sind. Dann trifft er sich mit Premierminister François Fillon und Präsident Nicolas Sarkozy.